Volltext: Krieg, Auslanddeutschtum und Presse [27]

in den Stand gesetzt wird, das hängt davon ab, inwieweit sich 
seine persönlich aufrichtige Meinung mit den Wünschen und Ab¬ 
sichten der entsprechenden Finanz- oder politischen Kreise deckt. 
Jedem Zeitungsunternehmer steht es ja vollkommen frei, welche 
Federn er in seinen Dienst einspannen will. Das große Publikum 
aber kennt diese Zusammenhänge meist nicht. Es liest sich in 
täglicher Lektüre eine Meinung an, hält sie nach einer gewissen 
Zeit für seine eigene und verteidigt sie schließlich. Wie weit eine 
solche berechnete und bewußte Beeinflussung in einzelnen Fällen 
gehen kann, dafür möchte ich das Zeugnis eines Franzosen an¬ 
führen, um selbst dem bloßen Verdacht einer deutsch vorgefaßten 
Meinung auszuweichen. 
Zehn Jahre vor dem jetzigen Krieg, 1904, äußerte sich ein 
französischer Politiker, Jacques Bardoux, über die bewußte 
Deutschenhehe einiger englischer Blätter folgendermaßen: „Nie¬ 
mals wäre diese Strömung in der öffentlichen Meinung (nämlich 
gegen Deutschland) zu einem Machtfaktor geworden ohne die 
Äilfe des von den berufensten Organen der konservativen Partei 
seit Anfang 1901 methodisch organisierten Preßfeldzuges." And 
er begründet diese Meinung: „Die „Times", der „Spectator" 
und die „National Review" haben als Apostel der englisch¬ 
französischen Annäherung ein und dieselbe Taktik befolgt. So 
haben die „Times", die in regelmäßiger Berichterstattung auch 
die unbedeutendsten Erzeugnisse unserer (also der französischen) 
bildenden und dramatischen Kunst besprechen, zwei ihrer beredtesten 
und wärmsten Artikel der „Revue" in Reims im September 1901 
und der Jahrhundertfeier zu Ehren Victor Äugos im Februar 
1902 gewidmet. Außerdem aber haben diese drei Organe sich 
auf verschiedene Art und Weise, aber mit der gleichen Ausdauer 
bemüht, die althergebrachten Sympathien für Deutschland so völlig 
zu zerstören, daß nicht einmal die Erinnerung daran übrigbleiben 
sollte." And weiter führt der Äerr im einzelnen aus, wie die 
drei Blätter jeden einzelnen politischen Anlaß benutzten, 
um „einstimmig auf die Gefahren der deutschen Feindseligkeiten 
wie auf den Nutzen der französischen Freundschaft hinzuweisen". 
Macht man sich nun in diesem Zusammenhange klar, daß 
allein die imperialistischen „Times" ihre Vertreter und Korre- 
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