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abzustellen und zu strafen und eine gottgefällige Ordnung in Ehe
sachen fürzunehmen, wie zu Zürich und Constanz, item den öffent
lichen Wucher und Uebermut abzustellen, nämlich, dafs man um
ein Pfund Golds ein Ohm Wein kauft, item die abgöttische Bilder
kunst abzuthun etc. Yon solchen Zuständen hob sich allerdings
die geräuschlose Frömmigkeit und der sittliche Lebenswandel der
gemäfsigten Wiedertäuferkreise vorteilhaft ab und viele, die in der
Reformation Luthers ihre religiösen und moralischen Ideale nicht
befriedigt sahen, haben sich dieser Richtung zugewendet.
Im Jahre 1529 führte ein Ereignis, welches mit der Täufer
bewegung nicht im Zusammenhänge stand, die Verhaftung einer
grofsen Anzahl von Wiedertäufern herbei. Zweimal, das erste Mal
am 11. März, das zweite Mal eine Woche später waren Pasquille
auf den Rat und Spottlieder auf die Stadt öffentlich, sogar an
den Thoren der Pfalz angeschlagen worden. Man glaubte die
Thäter in den Reihen der in Strafsburg anwesenden Wiedertäufer
suchen zu müssen und beschlofs eine Razzia gegen dieselben.
39 Verdächtige, Fremde und Einheimische, erstere zumeist aus
Holstein, aus Mähren und den österreichischen Erbländern, ihres
Zeichens herumziehende Krämer und Handwerksleute — doch
auch Bettler und einige wenige Studierte waren darunter —
wurden verhaftet. Viele unter ihnen sind erst in Strafsburg vor
dem Metzgerthore getauft worden. Alle wurden auf dem Wilhelm
turme gefangen genommen und dort verhört. Nachdem es sich
darum handelte, den Urheber der veröffentlichten Schmähschriften
herauszufinden, hat der Rat den zum Verhöre abgeordneten
Richtern — sie liiefsen Ullmann, Böcklin und Rebstock — den
Auftrag gegeben, die Gefangenen zur Niederschreibung ihrer Namen,
Erlebnisse und Ansichten zu veranlassen J ).
Diese Mafsregeln haben keinen Erfolg gehabt. Der gesuchte
Thäter wurde nicht gefunden, und die Gefangenen deshalb wieder
in Freiheit gesetzt. Unter ihnen hat sich auch Hanns Bünderlin,
oder, wie er sich schrieb, Hanns Wunderl befunden. Eben da
mals machte er die Angabe, dafs er von Linz aus dem Land ob
der Enns sei, dafs er vor 3 Jahren Prädikant des Herrn Bartho
lomäus von Starhemberg und zuletzt eine Zeitlang bei Herrn
b Das Verhörsprotokoll mit 14 eingelegten Zetteln, den Handschriften
der Verhörten, liegt im Thomasarchiv in Strafsburg, Wenkersche Akten-
sammlimg.