Volltext: Johannes Bünderlin von Linz und die oberösterreichischen Täufergemeinden in den Jahren 1525 - 1531

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einheimischen Bürgerschaft, ganze Haufen fremder Täufer suchten 
und fanden insbesondere seit dem Ausgange des Bauernkrieges eine 
Stätte in der freien Reichsstadt. Unter sich hatten diese ver 
einzelten Gruppen, welche von Zeit zu Zeit die Stadt beunruhigten 
und nach und nach die Sektenfrage auch dort zu einer brennen 
den, die Thätigkeit des Rates vorzüglich in Anspruch nehmenden 
Angelegenheit machten, noch keinen Zusammenhang. Noch war 
in Strafsburg das Täufertum nicht organisiert, ein einheitlicher 
Plan in ihren Kreisen noch nicht aufgestellt. 
Es traten jedoch schon damals auch in Strafsburg zwei von 
einander nicht unwesentlich abweichende Richtungen innerhalb 
der Täuferkreise sichtbar an die Bildfläche, wenn auch die sie 
trennenden Gegensätze mehr im Charakter der sie vertretenden 
Persönlichkeiten, als in der Verschiedenheit der Lehre und An 
sichten begründet waren. Man unterschied schon damals deutlich 
die stillen, von innigem Gottesbewufstsein und geräuschloser 
Frömmigkeit erfüllten Schwärmer von den excentrischen, turbu 
lenten Gesellen, welche sich als ausgewählte Kinder Gottes, als 
Erleuchtete viel auf ihre Rechtgläubigkeit einbildeten und es für 
ihre Aufgabe erklärten, alle Menschen mit allen Mitteln derselben 
teilhaftig zu machen. Beiden Richtungen gemeinsam war ein 
lebendiger Bibelglaube, Hinneigung zu kommunistischer Lebens 
führung und ein mystisches Element in Lehre und Leben, welches 
der Individualität und ihrer Kraft starke Rechnung trug. Für 
beide Richtungen lieferten Fremde und Einheimische ihr Kon 
tingent. Insbesondere waren es zahlreiche Handwerker aus dem 
Elsafs und Süddeutschland, die die eine oder andere durch ihren 
Zuzug verstärkten. Der hervorragendste Vertreter der gemäfsigten 
Richtung, der 1526 nach Strafsburg kam, war Jacob Grofs, ein 
Kürschner aus Waldshut. 
Von der Existenz der radikalen Partei giebt ein Vorfall 
Zeugnis, der sich am 10. Juli 1526 in der Kathedrale ereignete. 
Kaum hatte dort der lutherische Prediger Mathäus Zell seine 
Predigt begonnen, als ein Wiedertäufer aus dem Städtchen Bent 
feld im Elsafs mit lauter Stimme ihm zurief: Du lügst gegen den 
heiligen Geist, Bruder Mathis! In der Kraft dessen gebiete ich 
Dir, dafs Du heruntersteigst und mir den Platz räumst, damit ich 
wahrer über den Sinn des Geistes rede als Du!“ 
Ihren Gottesdienst pflegten die damals in Strafsburg weilen 
den Täufer in den Häusern verschiedener Strafsburger Bürger zu 
A. Nicoladoni, Johannes Biinderlin. g
	        
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