Volltext: Siedlungsgeschichte des Waxenbergischen Amtes Leonfelden

Siedlungsgeschichte des Waxenbergischen Amtes Leonfelden. 
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Überschuß aber verbrannt. Gründungsrechtecke, die zufolge einer 
Geländewölbung geschwungen waren, mußten in ihrer Ausdehnung 
von Gleichlaufer zu Gleichlaufer an mehreren Stellen nachgemes 
sen werden, sobald sie waldfrei geworden waren. Aus der Wirrnis 
des Urwaldanwuchses wurden die Steine und Felsen ausgegraben 
und sorgfältig zu langen, heute mit uralten Flechten verkrusteten 
Mauern zusammengelegt, die die Flurgrenzen auf weite Strecken 
begleiten. Die nicht zu bewältigenden Steinfelsen jedoch blieben 
inmitten fruchtbaren Bodens als Inseln liegen. Sie heißen Öden 
oder Öhnen, und sind vielfach heute noch vorhanden. In schwerster 
Arbeit wurde der Boden ausgeglichen und vorerst wohl hauptsäch 
lich zu Weiden und Wiesen bereitet, urbar gemacht, und die Flur 
gegen den Wald hin abgezäunt. Nun kam es zur Aufteilung des 
Neugereutes, der Gründungs- oder Urgmain. Senkrecht zur Dorf 
straße, die Gmain blieb, und an ihr als Fußlinie (Knicke der Lus 
grenzen an ihr 120 ) wurden mit Genauigkeit die Feldbreiten der Lüsse 
aufgemessen, und, wo es die Bodenwölbung verlangte, längs dieser 
Besitzgrenzen gestuft, wobei Böschungen entstanden, die später 
durch immer gleichsinniges Pflügen noch eine Erhöhung erfuhren. 
Die großzügige Wellung unseres Geländes (Quellbachgebiet 129 130 ) 
erlaubte immer die Gründungslüsse in einem einzigen Rechteck 
unterzubringen, und begünstigte die Geradlinigkeit der Lüsse. Die 
Zuteilung erfolgte vermutlich durch das Los. Der Siedler hieß Stif 
ter. Er besaß das „bestiftete“ oder „angestiftete“ Gut, die „Stift“ 
zu Erbrecht. Der Gründungs-Lus war knapp, jedoch so bemessen, 
daß eine Familie für’s Erste auslangen konnte (2 ha — S. 253). 
Wer leistete die Riesenarbeit der ersten Anlage? 
Die strenge Gleichheit der Lüsse verrät die Rodungsgenossen 
schaft. Gleiche Leistungen — gleiche Rechte, diese oberste Ge 
nossenschaftssatzung findet in der Lusschar ihren sichtbaren und 
sprechenden Ausdruck. Wir können also eine Rodungs-, später Sied 
lungsgenossenschaft voraussetzen, eine Arbeitspartie. Die Rodung 
ging planmäßig, also unter fachmännischer Leitung vor sich. Die 
Grundherrschaft bediente sich eines fachmännischen Unternehmers. 
Solche Besetzer, Locatoren, sind geschichtlich belegt 131 ). Sie wur 
den häufig durch Grundbesitz im Neugereute entschädigt 132 ) 
(S. 268, 4.), mögen wohl auch von den Siedlern für die Zulassung 
zur Arbeitspartie entgolten worden sein. Die rasche Durchführung 
129 ) In Kirchschlag bei Linz sind die Lusbesitzscharen links und rechts 
der Dorfstraße gegeneinander um eine Lusbreite verschoben. 
13 °) Hackel, Mühlviertel S. 57. 
131 ) Schröder, Rechtsgeschichte S. 433. 
132 ) Kötzschke R., Grundzüge der deutschen Wirtschaftsgeschichte bis zum 
17. Jahrhundert (1921); Grundriß der Geschichtswissenschaft 2, l 2 , S. 151.
	        
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