Volltext: Geschichte des Badeortes Ischl

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seit Erbauung der Kaltwasserheilanstalt 
(1872) die heutige Dumbastrahe mit 
ihren Häusern und Villen entstanden, 
einige Jahre früher die geschmackvolle 
Villa Westend Bristol mit ihren De 
pendancen, gegenüber die Villa des 
Grasen Erdödi (später Johann Strauß, 
jetzt Major Mäher), die Villa Wien 
(heute Oberst Wanka). Villa Wasser 
burger (jetzt Habsburgerhof, Major 
Mäher), ebenso die Villen der Bren 
ner- und Grillgasse?2o) 
Pfingstmontag den 7. Juni 1897 
fand die Eröffnung der neuen Radfah 
rer-Korsobahn in der Kaltenbachau statt. 
300 Mitglieder des Bundes deutscher 
Radfahrer hatten ihr Eintreffen zuge 
sagt, doch lamen infolge eines stark ein 
setzenden Gewitters nur 80. Als das 
Gewitter sich um 4 Ahr nachmittags 
verzogen hatte, wurde ohne Zögern die 
Eröffnung der Korsosahrt vom Kurhaus 
über die Wirerstraße, Poststrahe, Pfarr- 
gasse, Esplanade, Kaltenbachstraße, Kor 
sobahn im langen Radsahrerzug begon 
nen, an der Spitze eine Dame, die Arz- 
tensgattin Frau Marie Mäher, auf 
einem mit Blumen und dem Wappen 
des Ischlerklubs geschmückten Rade. Die 
Aufsicht und Oberleitung des Baues die 
ser Bahn hatte Friseur und Zahntech 
niker Martin Berkovitz. Ein neuer sport 
licher Tummelplatz war damit für den 
Kurort geschaffen, ein Anziehungspunkt 
für das radfahrende Sommerpublikum, 
ein Anfang für weitere derartige An- 
ternehmungen. Ein Festkommers im Ho 
tel Krone, an dem auch Europas da 
maliger Meistersahrer Schreiber teil 
nahm. beendete die Feier.^i) 
Donnerstag den 17. Juni wurde 
Ischl von einem ganz eigenartigen Ga 
ste besucht, es war Seine Majestät der 
König Chulalongkom von Siam und des 
Goldenen Thrones. Herr des weißen 
Elefanten?^) Er kam mit seinen drei 
Söhnen und zahlreichem Gefolge auf 
Einladung des österreichischen Kaisers, 
um sich dessen Sommerresidenz zu be 
sehen. Der Separatzug traf um 8 Ahr 
früh hier ein und wurde am Bahnhof- 
perron von Bürgermeister Gschwandtner 
und der Gemeindevertretung empfangen. 
Rach der Begrüßung bestiegen die sia 
mesischen Gäste die bereit stehenden 
Equipagen und fuhren durch ein Spa 
lier vieler Reugieriger ins Hotel Bauer, 
welches damals bereits im Besitze der 
Bodenkreditanftalt war. Die Kurkapelle 
intonierte die siamesische Volkshhmne, 
vom Hotel wehte die große Fahne mit 
dem weißen Elefanten. Tags darauf be 
sah sich der König mit den königlichen 
Prinzen die Kaiservilla, dann den Markt, 
wo sie in verschiedenen Geschäften ein 
kauften und sich auch beim Hofphoto 
graphen Krimanek photographieren lie 
ßen. Am Nachmittag wurde eine Fahrt 
zum Nussensee unternommen, am 19. 
Juni kutschierte Hoteldirektor Haupt 
mann die Gäste nach Steeg am Hall 
stättersee, von wo sie der reichbeslaggte 
Dampfer Marie Valerie nach Hallstatt 
brachte. Während der Abwesenheit der 
Siamesen wurde im Hotel Bauer zu 
einem ländlichen Feste gerüstet. Die 
Hotelhalle wurde in eine Hofloge ver 
wandelt, der Park festlich geschmückt. 
Als der König von seinem Ausfluge 
heimkehrte, nahte ein ländlicher Höch- 
zeitszug, von Tischlermeister Koller, der 
zu den originellsten und lebenslustigsten 
Figuren Ischls zählt, zusammengestellt. 
Braut und Bräutigam, Kranzljungfer.i, 
Brautführer» Spielleiter und die Hoch 
zeitsgäste fuhren aus Leiterwägen vor. 
Bei der Luccavilla, einer Dependance 
des Hotel Bauer, waren große Tanz 
böden errichtet, wo bald das buntest« 
Treiben herrschte. Selbst die Prinzen 
mußten auf Wunsch ihres Vaters mit 
tanzen. Am nächsten Abend iand im 
Theater eine Galavorstellung statt. Jo 
hann Strauß dirigierte selbst seine „Fle 
dermaus". Die Prinzen hatten solchen 
Gefallen an dem temperamentvollen Di 
rigenten, daß er gebeten wurde, in die 
Hofloge zu kommen, er erhielt am näch 
sten Tage eine goldene Schale und den 
Elesantenorden 1. Klasse. Da der Kai 
ser noch um diese Jahreszeit in Wien 
weilte, fuhren die Siamesen im Hoszug 
zum Besuch des österreichischen Hofes 
in die Residenz.^») 
Am 12. Juli 1897 starb in ihrer 
Villa (jetzt Med.-Rat Dr. Prochaska) 
Frau Hermine von Zeitenberger, eine 
der größten Wohltäterinnen des Kur 
ortes Ischl. 'Sie war Fahnenmutter des 
Ischler Veteranenvereines der freiwil 
ligen Feuerwehr und Begründerin vieler 
Wohls ahrtseinrichtungen. Anler großer 
Beteiligung wurDe die Leiche zum Bahn 
höfe zur Aeberführung nach Iosefthal- 
Kösmanos gebracht?^) 
Die letzten Tage Juli begann es un 
ablässig in Strömen zu regnen, sodaß 
Ischl am 31. Juli von einem Hoch 
wasser heimgesucht wurde, wie ein sol 
ches seit dem Jahre 1796 nicht mehr 
erlebt worden war. Die rauschenden 
Wogen der Traun schleppten Brücken
	        
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