Volltext: Geschichte des Badeortes Ischl

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zerren Schlüsselbund, den sie immer an 
sich zu tragen pflegte. Einem am 25. 
Iuli gefallenen mehrstündigen Regen 
verdankte man die radikale Erstickung 
der aus den Brandstätten noch rauchen 
den Glut. Die Ausreißer kehrten nun 
allmählich zurück, die Ankömmlinge über 
zeugten sich, daß durch den Häuserverlust 
kein Mangel an Wohnungen eingetreten 
ist. Pekuniäre Hilfe für die von Ber- 
lusten betroffenen Ortsangehörigen blieb 
nicht aus. Ter Kaiser von Oesterreich 
hat sofort 2000 Gulden gespendet, durch 
eine Sammlung der Kurgäste sind zwi- 
6—7000 fl. eingekommen und in Wien 
gehen die geachtetsten Zeitungsredaktio 
nen mit Sammlungen und eigenen Zeich 
nungen vor. Tie begonnene Kur, die 
Theatervorstellungen und die Konzerte 
der Brunnenkapeste werden nun wieder 
fortgesetzt. Lurch die baldig bevorste 
hende Ankunft der Kaiserin von Oester 
reich dürste der gesellschaftliche Ton der 
unvergleichlichen Sommerfrische rasch 
wieder hergestellt sein." Der Schaden, 
den diese fürchterliche Katastrophe über 
die Bevölkerung Ischls verhängt hatte, 
belief sich über eine Million Gulden, 
eine ungeheure Summe für den dama-. 
ligen Wert des Geldes."») Die Nachricht 
von dem Anglück war selbst bis Mexiko 
gedrungen, wo Kaiser Maximilian, der 
in früheren Iahren viele Sommer hier 
als Prinz verbracht hatte, eine bedeu 
tende Summe für die Geschädigten 
sandte. Pfarrer Ferdinand Auböck, der 
während des Brandes selbst überall hilf 
reich eingegriffen hatte, verwandelte zu 
nächst den Psarrhof in ein Asyl sür einen 
Teil der Obdachlosen. Graf von Fünf 
kirchen, ein Herr des Hilfskomitees, das 
sich gleich nach der Feuersbrunst gebil 
det hatte und schon über bedeutende 
Geldbeträge zur Linderung der ersten 
Not verfügte, bat Herrn Ferdinand von 
Lidl, eine Feuerwehr zu organisieren 
und die Stelle des Hauptmannes zu 
übernehmen. Ter Wunsch wurde bald 
erfüllt. Die Gemeinde Ischl lieh aus 
Innsbruck einen geschulten Fachmann 
kommen, der alle diejenigen, die sich zum 
Eintritte in das neue Korps gemeldet 
hatten, ausbilden sollte. So bildete sich 
die freiwillige Feuerwehr von Ischl, die 
schon am 7. Oktober desselben Iah res 
mit gutem Erfolg einen Brand löschte 
und am 2. November im Hofe des Post- 
hofes vor Erzherzog Franz'Karl, der den 
größten Geldbetrag zur Gründung ge 
spendet, ihre erste Generalprobe abhielt. 
Unsere Feuerwehr hat sich seit jenen Ta 
gen immer aufs beste bewährt und ist 
ihrem Spruche: „Gott zur Ehr, dem 
Nächsten zur Wehr" immer getreulich 
nachgekommen. 
Wie das vorhergehende Iahr weilte 
Fürst Bismarck Mitte August einige 
Tage auf Besuch des Königs Wilhelm 
von Preußen in Ischl. Ein Brief Bis 
marks an seine Gattin gibt darüber nä 
heren Aufschluß: 199 ) 
Ischl. 21. August 1865. 
Mein geliebtes Herz! 
Ich reiße ein Blatt aus meiner De 
pesche, um Dir mit einer Wirtshaus 
stahlfeder wenigstens einen Gruß von 
hier zu schicken. Es war fast um diese 
Iahreszeit, als wir vor 18 Iahren hier 
waren, und wie ich heut nach St. Gilgen 
und von dort den ganzen Wolfgangsee 
entlang hieher fuhr, hatte ich starke An 
wandlungen von Zerstreutheit, die mich 
in den politischen Anterhaltungen mit 
meinem königlichen Herrn und Reisege 
fährten befielen. Ich zeigte ihm das 
Schafberghaus und erzählte ihm unsere 
Partie hinauf; auch gewittert es wieder 
wie damals in Wolfgang. Wer uns ge 
sagt hätte, daß ich 4865 den Geburts 
tag unserer Tochter hier zubringen wür 
de, und Du mit ihr in Homburg sein 
wirst, wir hätten es für sehr unwahrschein 
lich gehalten. Die Königin-Witwe ist 
auch wieder hier, wir trinken heut Abend 
Tee bei ihr und speisen vorher bei der 
schönen, jungen Kaiserin. Gestern dinier 
ten wir in Salzburg bei der Kaiserin 
Witwe Franz I. Abends war Theater; 
der Weg hieher reizend, morgen fahren 
wir ihn zurück, übermorgen nach Mün 
chen. Ich sehne mich sehr nach etwas 
Abspannung, das Hofleben greift noch 
mehr an. als die Geschäfte, 12 Kar 
ten bin ich in den 2 Stunden hier los 
geworden, unter Blitz, Regen und Son 
nenschein. Ich werde Maries Gesund 
heit trinken und muß mich jetzt ankleiden, 
um es mit Anstand ausführen zu kön 
nen. Ich hoffe Donnerstag zu Dir zu 
kommen, telegraphiere Dir aber noch das 
Genauere, damit Du mich nicht verge 
bens erwartest. Grüße das Kind, welches 
uns hier vor 18 Iahren noch unbekannt 
war, und danke Gott mit mir für alles, 
was er uns seitdem Gutes getan hat, 
daß ich aus der Wüste des politischen 
Lebens im Geiste nach dem häuslichen 
Herd blicken kann, wie der Wanderer in 
böser Nacht das Licht der Herberge 
schimmern sieht. Gon erhalte es bis zur 
Einkehr! 
Dein treuester 
v. B.
	        
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