Volltext: Die Großmächte der Gegenwart

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innerungeir und nationalen Gründen verlangt. In Wirklichkeit 
wird hier die ganze Reichsgrenze von einer Reihe kleiner Länder 
eingefaßt (Schweiz, Luxemburg, Belgien, Holland), die längs der 
Seite Deutschlands liegen so wie „herabgefallene Felsen am Fuße 
einer Gebirgswand" (Ratzel),' nur das Elsaß hat man dort wieder 
einfügen können, auch zur äußeren Verbesserung der Grenze (oben 
S. 38). Im Osten verhält sich Deutschland zur Weichsel so wie die 
Niederlande zum Rhein,' es sitzt am Unterlauf. Das bedeutet, daß 
es hier Rußland gegenüber dieselbe Rolle spielt wie die Niederlande 
ihm selbst gegenüber, es beraubt dasselbe seiner natürlichsten Ver¬ 
bindungslinie mit dem Nkeer. Weiter nach Osten wiederholt sich 
dies Verhältnis, da dort die Mündung der Memel ebenfalls zu¬ 
gunsten Deutschlands abgeschnitten wird. Die Berührung mit der 
slawischen Welt wird ebensowenig wie die mit der romanischen 
von einer Naturgrenze gemildert,' die Natur hat alle wände ent¬ 
fernt, die die Reibung hätten vermindern können. Ruch im Norden 
findet sich keine Spur einer natürlichen Grenze,' Jütland gehört 
geographisch zu Norddeutschland. Außerdem bereitet es in dänischem 
Besitz Deutschland die Unannehmlichkeit zweier Rüsten, die jedoch 
durch den Raiser-Wilhelm-Ranal (1895) einigermaßen überwunden 
worden ist. Übrigens besitzt Dänemark in dem Großen Belt eine 
äußere Pforte gegenüber der Gstseeseite Deutschlands, ein Umstand, 
der z.B. in einem Rrieg zwischen Deutschland und England nicht 
ohne Bedeutung sein wird. Im Süden finden wir schließlich neue 
Schwächen: Besitzungendes schweizerischen Staates (Baselstadt, Schaff. 
Hausen) auf dem nördlichen Rheinufer, wiederholtes Durchschneiden 
von Flüssen an der Südgrenze Bayerns bis zur Donau hin, der 
Verlauf der böhmischen Grenze quer über die Elbe und am nörd¬ 
lichen Fuße des Erzgebirges, also zugunsten des Nachbars. 
hier gibt es also mehr als hinreichendes Material, um den Grenz- 
rähmen Deutschlands als einen schlechten zu bezeichnen. Ohne Zweifel 
besitzt es einen allgemeinen Zusammenhang in seinem Gebiet,' aber 
es sitzt nicht in fest abgeschlossenen Grenzen. Unter den Großmächten
	        
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