Volltext: Die Großmächte der Gegenwart

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wurden also aus dem wiener Nongreß zwei Großmächte unter der 
dünnen Decke eines neuen „Deutschen Bundes" vereinigt. Vieser 
Bundesstaat hatte zu fünf Sechsteln deutsche Bevölkerung,- der Nor¬ 
den und der Süden hielten sich in ihm ziemlich das Gleichgewicht, 
in geographischer Hinsicht lag der Mittelpunkt im Fichtelgebirge 
und in politischer in Frankfurt a. M., also näher dem wirklichen 
Zentrum der Nation. Noch eines bemerken wir: das Bundesgebiet 
erreichte mit kaum mehr als einem viertel seiner Grenze das Meer. 
Aber die Nation hatte jetzt ihren bis da vermißten Nristallisations- 
punkt in der preußischen Nrone gefunden. Nach dem mißlungenen, 
revolutionären versuch 1848—50 führte diese Nrone die nationale 
Sammlung durch. Ihre erste Gestalt war „der Norddeutsche Bund" 
1867, also eine staatlich markierte Grenze (die Mainlinie) zwischen 
Norden und Süden. Die endgültige Lösung 1871 umfaßte die west¬ 
liche Hälfte von Süddeutschland, während die östliche in staatlichem 
Zusammenhang mit Österreich verblieb. Im heutigen Deutschen Reich 
nimmt daher der Süden nur den vierten Teil ein,- der geographische 
Mittelpunkt ist nach Magdeburg hinauf verschoben und der politische 
nach Berlin. Zugleich ist die Nüstenlinie verlängert worden (auch 
absolut dadurch, daß Schleswig hinzukam), so daß sie jetzt etwa ein 
Drittel der gesamten Grenze ausmacht. 
In dieser Entwicklung wollen wir besonders zwei Züge hervor¬ 
heben, weil sie die weltgeschichtlichen Möglichkeiten Deutschlands in 
sich schließen: die Verschiebung nach Norden und die Zunahme 
maritimer Möglichkeiten. Im Gegensatz zu Frankreich, dessen 
in sich abgeschlossene Individualität von nach allen Richtungen aus¬ 
strahlenden Stromsystemen bezeichnet wird, zeigt die Hydrographie 
Mitteleuropas nach zwei bestimmten Richtungen, nämlich nach Osten 
mit der Donau und nach Norden mit den Nord- und Gstseeströmen. 
Der Gegensatz zwischen Österreich und Deutschland ist also zugleich 
ein Gegensatz zwischen geographischen Richtungslinien. Vieser Dua¬ 
lismus in der Natur selbst mußte überwunden werden, damit die 
deutsche Nraft sich schließlich konzentrieren könne. Und eben dies ge«
	        
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