Volltext: Die Großmächte der Gegenwart

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II. Italien 
Verlust einer nationalen Hoffnung, sondern zugleich eine verschärfte 
nationale Gefahr. Schon vorher von dem älteren lateinischen Bru¬ 
der von Toulon und Korsika aus in der Flanke bedroht, würde 
Italien jetzt bald die Mündungen von Lifertas Kanonen gegen seinen 
Fuß gerichtet sehen. Der Nachbar hatte damit eine um so hervor¬ 
ragendere strategische Stellung geschaffen, als Italien mit seiner 
der Küste entlang laufenden Haupteisenbahn im vorderen Mittel¬ 
meer besonders empfindlich ist. Und gleichzeitig mit dieser Ver¬ 
dunkelung des politischen Horizontes schrumpften die Hoffnungen 
auf die kommerzielle Herrschaft zusammen, besonders da England 
durch den Gewinn von Zypern (in Berlin) und seine darauffolgende 
Aktion gegen Ägypten eine übermächtige Position im inneren Mit¬ 
telmeer errichtete. 
Derart waren die Voraussetzungen für den Eintritt Italiens in 
die Tripelallianz 1882. Derselbe geschah nicht aus innerem Antrieb, 
sondern aus politischer Not. Aber es fand, was es suchte, eine Stütze 
sowohl für defensive wie für aggressive Zwecke. Die Spannung mit 
Frankreich führte 1888 zu einem zehnjährigen Zollkrieg, der Italien 
in eine schwere innere Krise brachte, da der Nachbar bisher seinen 
Handelsmarkt beherrscht hatte. Es war Frankreichs Absicht, „Ita¬ 
lien durch den Hunger wiederzuerobern" (Billot),- jetzt konnte aber 
Italien eine handelspolitische Umlegung nach der Seite seiner Ver¬ 
bündeten vornehmen. Die Allianz lieferte die Kraft zu einer ganz 
neuen ökonomischen Organisation, und zwar in dem Maße, daß man 
das ganze moderne Italien als „ein Werk Deutschlands" bezeichnet 
hat (Fiamingo). 3u gleicher Zeit zeigte sich ein Ersatz für die 
Irredenta, die man jetzt ad acta legen, und für das Mittelmeer, das 
man der Zukunft überlassen mußte, nämlich ein reines Kolonial- 
programm ohne nationales oder geographisches Recht. Auf Grund 
dieses Programms wurden die Kolonie am Roten Meer und die übri¬ 
gen jetzigen Kolonien im östlichen Afrika erworben. Als es aber seine 
Hand nach einem wirklichen Wert wie Abessinien ausstreckte, war die 
Folge eine disqualifizierende Niederlage (Kdua 1896). Es gelang
	        
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