Volltext: Die Großmächte der Gegenwart

28 
II. Italien 
schoben, war dies der Untergang der alten handelsmacht (Venedig, 
Genua, Pisa) - aber ungefähr gleichzeitig mit dem italienischen Eini¬ 
gungswerk kehrte die Konjunktur wieder durch den Durchstich des 
Isthmus von Suez für Schiffe und durch den der Alpen für die Eisen¬ 
bahn. Italien hat also jetzt seinen privilegierten Platz wiedererhal¬ 
ten. Um denselben auszunutzen, besitzt es auch den Vorteil, an mehr 
als drei viertel seines Grenzrahmens das Meer als Grenze zu haben. 
Zusammen mit der schmalen Gestalt des Reiches erhält es dadurch 
einen maritimen Charakter, der mit dem Englands und Japans wett¬ 
eifert. Dies ist der reine Gegensatz zum Typus Gsterreich-Ungarns 
und schafft eine neue große Überlegenheit, die sich bereits in der 
Statistik über Schiffahrt und Seemacht kundgibt. 
Die Natur hat also Italien denselben Entwicklungstqpus zuer¬ 
teilt wie England, den kommerziellen, hierin liegen in Wirklichkeit 
seine einzigen Großmachtchanren, da man ja sonst seine Landbasis 
für zu schmal halten muß, um eine solche Stellung aufrecht zu er¬ 
halten. Man ist jedoch überrascht, wenn man sieht, daß seine kom¬ 
merzielle Entwicklung recht bescheiden ist, nicht größer als die Öster¬ 
reich-Ungarns. Dies kann ja von der kurzen Zeit herrühren, die Ita¬ 
lien bis jetzt gehabt hat, um den Vorsprung anderer Mächte ein¬ 
zuholen- in Wirklichkeit ist sein Entwicklungstempo auf dem Gebiete 
des Handels in den beiden letzten Dezennien ein hastigeres gewesen 
als das irgendeiner anderen europäischen Großmacht, doppelt so groß 
wie das Gsterreich-Ungarns. Aber wir merken auch tiefer liegende 
Gründe. Wir können nicht umhin, seinen zurückgezogenen Platz aus 
dem Weltmarkt im Zusammenhang mit einer geringen Produktion im 
eigenen Lande zu sehen, die wiederum mit der Armut des Binneu- 
landes an Kohlen- und Erzvorräten zusammenhängt, wie auch im 
Zusammenhang mit gewissen ungünstigen Eigenschaften der Küste 
selbst (Mangel an Häfen, Malaria). Im vergleich zu den Verhält¬ 
nissen in England ist dies eine große Schwäche, die Norditaliens 
Reichtum an Wasserkraft wohl nicht aufzuwiegen vermag. 
Aber es gibt noch einen anderen Grund, weshalb Italien auf öko-
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.