Die digitale Landesbibliothek Oberösterreich

V. 
Soziopolitische Probleme. 
Die staatswissenschaftliche Disziplin, die die Staaten in ihrer 
Eigenschaft als Gesellschaften behandelt — und die ich Soziopolitik 
zu nennen versucht habe —, stellt gleich den anderen gewisse grund¬ 
legende Voraussetzungen für die staatliche Gesundheit auf. 
Auf der einen Seite wird Harmonie zwischen den einzelnen Ge¬ 
sellschaftsklassen in ihrer Arbeit für das private Wohlergehen inner- 
halb des staatlichen Rahmens gefordert,' auf der anderen Seite wird 
eine gewisse Vielseitigkeit und innere Ergänzung der einzelnen Lr- 
werbszweige verlangt, so daß der Staat in ökonomischer Hinsicht 
im Notfall auf eigenen Füßen stehen kann. Vas erstere könnte man 
Sozialität nennen, in Analogie mit Nationalität, die die Solida- 
rität innerhalb des Volkes, und mit Loyalität, die die Solidarität 
im Rahmen der gesetzlichen Verfassung bedeutet. Für das letztere ist 
der Terminus Autarkie, d. h. wirtschaftliche Selbstbefriedigung, 
jetzt allgemein in Anwendung gekommen, seitdem der Weltkrieg auch 
sehr widerstrebende Geister von der Bedeutung dieser Angelegenheit 
überzeugt haben dürfte. 
hierdurch haben wir zwei neue Maßstäbe für den Zustand der 
Beteiligten vor dem Rrieg gewonnen. Wir wenden sie jetzt nach¬ 
einander bei den europäischen Hauptkämpfern an, um nachzusehen, 
bis zu welchem Grade sie dazu beitragen können, Klarheit über die 
Kräfte zu gewinnen, die den Krieg hervorgerufen haben. 
Wo eine Spaltung in der Sozialität innerhalb des Staates besteht 
— wo der natürliche Gegensatz zwischen den Parteien und Klassen 
sich unter der Macht auflösender Kräfte bis zu einer bösartigen Tiefe 
eingegraben hat, so daß der innere Krieg vor der Tür zu stehen