Volltext: Der Völkerkrieg Band 12 (12 / 1918)

294 Der Handelskrieg vom 8. Februar 1916 bis 1. Februar 1917 
die erforderlichen diplomatischen Schritte de- Einspruchs unternahm. Bei diesen Schritten hat sie 
mit Nachdruck der deutschen bzw. der österreichisch-ungarischen Regierung gegenüber jeweils den Stand 
punkt vertreten, daß die Zerstörung der Prisen im Seekrieg, wie sie die II-Boote vornehmen, un 
zulässig sei, indem sie gleichzeitig anstrebte, daß genauestens die Bestimmungen des Art. 49 der 
„Londoner Deklaration" vom 26. Februar 1909 Anwendung finden müßten. Denn diese Vorschriften 
können, wenn sie auch nicht als gültige internationale Bestimmungen gelten können, da sie sich als 
solche nicht in Kraft befinden, vielmehr vor kurzem noch von England und Frankreich aufgekündigt 
worden sind, trotzdem die allgemeine RechtSauffaffung aller Staaten, die an der Konferenz teil 
genommen haben, widerspiegeln; sie sind auch von den Mittelmächten stets als Richtschnur ihrer 
Handlungsweise angerufen worden. Die Beschwerden der spanischen Regierung haben in allen Fällen 
von Versenkung spanischer Schiffe den Anforderungen des Art. 49 der angezogenen Rechtsregeln, der 
die Zerstörung von Seeprisen nur im Ausnahmefall zuläßt, und den Vorschriften im Art. 60 ent 
sprochen. Es kann von unserer Regierung nicht zugegeben werden, daß diese Bestimmungen (weder 
die eine noch die andere) von den Kommandanten der aufbringenden ll-Boote erfüllt worden wären, 
besonders nicht die des zuletzt angezogenen Abschnitts. Denn es ist der Vorschrift, daß die Besatzung 
des aufgebrachten Schiffes in Sicherheit gebracht werden muß, nicht Genüge getan, wenn man sie 
zwingt, sich schnell in die Rettungsboote zu flüchten, sie dann oft weitab von der Küste ihrem Schicksal 
überläßt und den Schwierigkeiten eine- unsicheren Kurses und den Gefahren des Meeres aussetzt. 
Mit deutlicher Bestimmtheit hat die Kgl. Regierung bei ihren diplomatischen Schritten bisher stets 
die Ansicht vertreten und vertritt sie auch weiterhin, daß das Prisengericht unzuständig ist, um über 
die Berechtigung zur Zerstörung von weggenommenen Schiffen urteilen zu können, indem sie be 
gründeterweise annimmt, daß gemäß Art. 51 der „Londoner Deklaration" diese Fragen vor Einleitung 
des Rechtsverfahrens über die Rechtlichkeit der Beschlagnahme und nur durch direkte Verhandlungen 
zwischen den beteiligten Regierungen geregelt werden müßten. Niemand wird ohne offensichtliche 
Ungerechtigkeit der Regierung bei diesen Verhandlungen Untätigkeit vorwerfen können, die ja auch 
unbegreiflich, noch Mangel an Sorgfalt, der unverzeihlich wäre. Die Schritte der Regierung sind 
stets mit der Schnelligkeit erfolgt, welche der hervorgerufene Schaden und das irrig ausgelegte Recht 
forderten. Die Tätigkeit der Regierung entsprach stets der Würde des Landes. Der Ton deS Ein 
spruchs entsprach der maßvollen Energie, die die Schwere des einzelnen Falles und der Zweck der 
Beschwerde erforderten; er war jeweils eingegeben von der Wichtigkeit der erlittenen Verluste. Sicherlich 
würde keine Regierung eine- neutralen Staats, der ähnliche Schädigungen seines SeehandelS zu 
erleiden gehabt hat, die spanische weder an Sorgfalt noch an Festigkeit haben übertreffen können. 
Wenn sich bis heute ein positives Ergebnis nicht hat erreichen lassen, ebensowenig wie es von irgend 
einer andern neutralen Regierung erreicht worden ist, obgleich alle, oder doch fast alle, in ihrer 
Handelsmarine, absolut und relativ genommen, größere Verluste haben als die spanische Flotte, so 
sind dafür andere Gründe vorhanden, die von niemand verkannt werden können. Die spanische 
Regierung hat bei ihren Verhandlungen eine solche Entschlossenheit an den Tag gelegt, um ihr Ziel 
zu erreichen, daß sogar gelegentlich die deutsche Regierung ein gewiffeS Befremden zu erkennen gab 
über die nachdrückliche Energie unseres Botschafters in Berlin, indem sie darauf hinwies, daß ihres 
Erachten- diese Haltung ein viel schrofferes Aussehen habe alS die der übrigen neutralen Mächte, 
einschließlich der Vereinigten Staaten. Auch zum Schutz der spanischen Interessen hat die Re 
gierung nichts unterlassen, dessen Beachtung hätte zweckmäßig sein können. Man hat sogar pünktlich 
unsere Ausfuhrhäuser darüber unterrichtet, was die Regierungen der kriegführenden Länder in Aus 
übung ihrer Kriegsrechte als absolute und relative Bannware erklärt hatten. In Zeiten, in denen, 
trotz aller Erörterungen auf der Haager Konferenz und trotz aller Uebereinkommen auf der späteren 
Londoner, der Wille einer kriegführenden Macht allein genügt, um eine Ware als Bannware zu be 
zeichnen, konnte unsere Regierung nicht umhin, die maßgebenden dieser Bannwarenentscheidungen im 
„Directo Oficial" bekanntzumachen. Das heißt nicht, daß die spanische Regierung derartige Erklä 
rungen sich zu eigen macht; es hat nur den Zweck, sie zur allgemeinen Kenntnis zu bringen. 
Die spanische Regierung hat daher nicht darauf verzichten zu dürfen geglaubt, in einigen Fällen 
Verhandlungen anzubahnen, um von den kriegführenden Regierungen die Entfernung einzelner Waren 
aus den Bannwarenlisten zu erlangen. Allerdings ist ein Erfolg immer nur in einzelnen Fällen 
und lediglich vorläufig erzielt worden, z. B. in der Fruchtfracht, wodurch einer der bedeutsamsten 
Zweige unserer Landwirtschaft vor den Gefahren der Zerstörung auf See gerettet wird. Die Re-
	        
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