Volltext: Der Völkerkrieg Band 12 (12 / 1918)

Di e neutralen Nordstaaten und der britische Handelskrieg 283 
Kriegsunterseebooten jeden Verkehr und Aufenthalt auf norwegischem Seegebiet zu unter 
sagen, verneinte aber andererseits ihre Pflicht, irgend einer der kriegführenden Mächte 
gegenüber ein solches Verbot zu erlassen. 
„Zur norwegischen Erklärung vom 13. Oktober 1916 ist," wie die „Norddeutsche All 
gemeine Zeitung" (20 X. 16) halbamtlich betonte, „zu bemerken, daß sich die Verordnung 
offenbar im wesentlichen nur gegen Deutschland richtet und daher dem Geist wahrer Neu 
tralität nicht entspricht. Der deutsche Gesandte in Christiania ist daher beauftragt worden, 
gegen das Vorgehen der norwegischen Regierung nachdrückliche Verwahrung einzulegen." 
Die norwegische Preffe hob demgegenüber hervor, daß die norwegische Verfügung vom 
13. Oktober durchaus neutral sei, genau den schwedischen Maßnahmen vom 22. Juli 
1916 (vgl. S. 287) entspräche und nicht durch äußeren Druck, sondern ausschließlich durch 
die im ganzen Volke herrschende Erregung hervorgerufen worden sei, der die Regierung Rech- 
,mng tragen müßte. Gegen Ende des Monats Oktober trat jedoch in einem Teil der Presse 
und in manchen Kreisen des Volkes ein Stimmungsumschwung ein. Der deutsche Stand 
punkt fand allmählich größere Würdigung und angesichts der Gefahr, daß Norwegen in 
den Weltkrieg hineingezogen werden könnte, zeigten sich Bemühungen um einen Ausgleich. 
Der Gesandte Norwegens in Berlin, Tor v. Ditten, begab sich nach Christiania, um seiner 
Regierung Bericht zu erstatten, aber erst am 10. November 1916 traf die am 8. November 
dem deutschen Gesandten in Christiania überreichte Antwort auf den deutschen Protest 
vom 17. Oktober in Berlin ein. Und erst am 1. Dezember 1916 wußte die „Times" 
aus Stockholm zu melden, daß die Aussichten auf eine Regelung des deutsch-norwegischen 
Tauchboot-Konfliktes mit allgemeiner Genugtuung begrüßt würden. Am 31. Januar 
1917 ist sodann durch einen königlichen Erlaß verfügt worden, daß der norwegische Erlaß 
vom 13. Oktober 1916 betreffend U-Boote mit Wirkung vom 6. Februar 1917 derart abge 
ändert worden sei, daß die beiden letzten Sätze folgende Fassung erhielten: 
„U-Boote die zum Kriegsgebrauch ausgerüstet sind und einer nichtkriegführenden fremden Macht 
angehören, dürfen ebenfalls nicht in norwegische HoheitSgewäffer einlaufen oder sich dort bewegen, 
außer bei Hellem Tag in sichtigem Wetter und in Ueberwafferstellung mit gehißter Nationalflagge." 
Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" (2. II. 17) ließ sich dazu halbamtlich folgender 
maßen vernehmen: 
„Hiermit hatte die norwegische Unterseebootsverordnung ihren gegen Deutschland gerichteten Charakter 
verloren, und wenn auch der deutsche Standpunkt von der norwegischen Regierung ebensowenig wie 
von der schwedischen Regierung voll anerkannt worden ist, so läßt sich doch die neue Verordnung 
ebenso wie die schwedische mit erheblichen Neutralitätsintereffen der beiden so nahe am SeekriegS- 
schauplatz gelegenen Staaten erklären. Die deutsche Regierung hat sich daher der norwegischen 
Regierung wie der schwedischen Regierung gegenüber darauf beschränkt, ihre grundsätzliche Ausfasiung 
durch eine Rechtsverwahrung aufrechtzuerhalten, ohne dieser eine praktische Folge zu geben. Damit 
dürfte der Zwischenfall in einer für beide Teile annehmbaren Form erledigt sein. ES ist zu hoffen, 
daß der furchtbare Kampf, der die Beziehungen zwischen Kriegführenden «ad Neutralen auf so manche 
harte Probe stellt, zwischen Deutschland und Norwegen keinen neuen Streitfall schafft, der nicht im 
Geiste gegenseitigen Verständnisses und Entgegenkommens ausgeglichen würde." 
Von der deutschen Presse wurde die lange Verzögerung in der Beilegung des norwegisch 
deutschen Konflikts allgemein darauf zurückgeführt, daß Norwegen in dieser Angelegenheit 
völlig unter englischem Einfluß stand, was die norwegische Presse energisch bestritt. Wohl 
nicht mit Recht, was auch daraus hervorging, daß sie gleichzeitig das sogenannte „Clarkson- 
Telegramm" totzuschweigen suchte, das von der großen Londoner Maklerfirma Clarkson 
& Co., deren Mitinhaber ein Norweger war, an alle bedeutenden norwegischen Reeder 
gerichtet wurde und sich, von der englischen Zensur nicht beanstandet, als ein brutaler 
Einschüchterung?- und Aufhetzungsversuch erwies. Das Telegramm lautete: 
„London, den 2. November 1916. In leitende» Kreisen besteht hier der bestimmte Eindruck, daß die 
gegenwärtige Lage in Norwegen nicht völlig erfaßt wird, und daß Norwegen ein sehr ernstes Risiko
	        
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