Volltext: Der Völkerkrieg Band 12 (12 / 1918)

262 Der italienische Krieg während des fünften Kriegshalbjahres 
Abschnitt wird es laut und lärmend. Durch eine Verbindungslinie kommt Meldung: An 
griff. Alles Feuer wird dorthin konzentriert. Unsere Kanonen bellen wieder rollend auf, die 
Haubitzen lösen dumpfe Schläge in die Nacht. Die Flammenketten springen weiter hinüber. 
Bei San Grado stürmen ununterbrochen Kolonnen gegen unsere Stellungen. Prasselnd und 
fitzend fahren unsere schweren Granaten in einzelne Häuser, bis ste zu brennen beginnen. 
Aufschlagende Flammen. Meldung nach rückwärts: Grado brennt! Im Feuerschein 
flüchtende Gestalten, springende Schatten. Am Hang dunkle Reihen Stürmender. Klein 
gewehre knattern in langen Salven sortlausend auf. Maschinengewehre tollen wild darein. 
Das Feuer wird im Nordende immer stärker. Unsere Infanterie schießt ununterbrochen. 
Das Artillerieseuer wird sorgfältig dirigiert; man steht klar und deutlich, wie es in der 
Nacht mit seinen Sprengblitzen wandert. 
In unserem Abschnitt geht es nun auch wieder los. Langsam hat sich der Feind 
erholt und seine Kräfte wieder gesammelt. Die Infanterie feuert schon in die Nacht; 
die Reihen sind aus den Gräben. Ein Teil der Artillerie wird zurückgenommen, und 
augenblicks daraus funkt und spritzt es schon breit und hagelnd über den Hang. Die 
feindlichen Minenwerser zerreißen in zu kurzen Schüssen die Erde und die eigenen Sturm 
reihe». Ueber die Gefallenen hin stürzen immer neue Reihen. Es ist, wenn man mit 
Menschlichkeit nachdenkt, schauderhaft, aber im Auge des Kriegshandwerkes, des „Schlacht- 
herren" leuchtet eS auf: Reihen um Reihen fallen. Der Sturm bricht nieder, reißt 
sich wieder auf. Scharen um Scharen, nun nicht mehr geregelt, in planlosen Haufen 
kommen ste heran. Der Kampf wird immer rasender und lauter. Unsere Infanterie schießt 
wie wahnsinnig, die Maschinengewehre glühen auf. Mit Masten aber gelingt es doch 
dem Feind, unten in den Graben einzudringen. Wild tobt dort der Nahkampf. Hand 
granaten zischen, Bajonette und Stichmesser fahren fessellos in die Ringenden. Langsam 
und vorsichtig zieht sich das Artilleriefeuer zum Teile zurück. Plötzlich kommt ein Befehl: 
wir laufen zurück in den nächsten Graben. Und schon schlagen dort, wo wir gestanden, 
die ersten Granaten ein, jetzt in den Feind, der ziellos in die Gräben hineinspringt. Sie 
wüsten natürlich heraus. Durch Frontfeuer, Flankenseuer und schnelle ändernde Angriffe 
steigt die ohnedies schon eingerissene Verwirrung und Unsicherheit. Das wirbelt nun 
ganz entfesselt durcheinander. Sie misten nicht vor, dableiben, zurück. Seitwärts funkt 
es auf, alles steht im Feuer. Die Wirrnis ist groß. Der Angriff erstickt durch sie selbst. 
Die neuen Reserven, die noch immer kommen, sind schon stark gelichtet. 
Nun müssen sie einen Befehl bekommen haben. Man steht eine augenblickslange 
Ungewißheit, dann geht der größte Teil zurück. Kleine Abteilungen bleiben in dem 
überlastenen Graben. Langsam wird Ruhe. Batterie um Batterie hört auf zu 
feuern. Jetzt sieht man erst, daß schwarze Wolkenhaufen zu einem Gewitter zusammen 
geworfen werden. Ein starker Wind springt auf. Alles wird stockschwarz und der Regen 
rauscht mit lautem Lärmen nieder. Durch die Dunkelheit blitzen die Schüsse auf, die 
feindlichen Batterien leuchten in den Ebenen, als ob sich der Krieg, die Schlacht mit 
verwundeten Gliedern zurückzöge in eine lauernde Ferne, Grollend und verstockt zieht 
sich die Schlacht über uns hinweg. Wird unsicher und flammt plötzlich drüben, weit 
unten, wieder auf. Irgendwo hinterm Doberdosee, dem 'Meere zu. Die Schlacht 
wandert. Fortgerückt, wie eine drohend blitzende und seuerdurchzuckte Wolke entladet ste 
drüben ihre eisernen Stahlschauer. Die Lust, die mit einem süßlichen matten, saden und 
bösen Dampf und Gerüche durchschlagen war, wird wieder langsam rein und klar. Man 
atmet wieder auf. Augenblick um Augenblick kommt Empfindung und Bewußtsein mehr 
zurück. Man kommt wieder zu sich selbst. Batterieweise eröffnet die feindliche Artillerie 
in der Ebene ihr Feuer wieder. Die Italiener sind in ihre Stellungen zurückgegangen. 
Die Sanität arbeitet. Alles wird nun Nacht und Wetter, Regen, Dunkelheit, Leben.
	        
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