Volltext: Der Völkerkrieg Band 12 (12 / 1918)

196 Frankreich während des fünften Kriegsyalbjahres 
Der KriegSausschuß wird keine Störung im Lande Hervorrufen. Wir werden requirieren, war 
notwendig ist. Wir werden die Regelung gewisser Fragen durch Dekret verlangen; denn die Gesetze 
würden für die Regelung zu langsam sein. Wir werden das Alkoholverbot verlangen. Aber eS ist 
gewiß, daß sich der diktatorische Wille deS Feindes kund tut, der Wille, sich im Frühjahr den Sieg 
zu sichern dadurch, daß er seine ungenügenden Mannschaft-bestände durch sein Kriegsmaterial ergänzt." 
Daran anschließend äußerte sich Briand zu dem deutschen Friedensangebot vom 
12. Dezember 1916, das er als plumpe Falle bezeichnete und mit aller Deutlichkeit 
zurückwies. Dieser Teil der Rede Briands wird in dem Kapitel über das deutsche 
Friedensangebot und seine Ablehnung folgen (vgl. Bd. XXI). 
Am Schluß seiner Rede bemerkte Briand, der zunächst vollständig ruhig gesprochen 
hatte, über die zahlreichen vorliegenden Interpellationen, er könnte solche, die in der 
Geheimsitzung behandelt worden seien, nicht annehmen, und fügte mit fester Stimme 
hinzu, indem er gleichzeitig seine Aktentasche auf den Stuhl warf: „Wenn die Kammer 
die übrigen Interpellationen erörtern will, so wird sie dabei Gelegenheit haben, zu er 
klären, ob sie zu der Regierung Vertrauen hat oder nicht." 
Die anschließende Debatte wurde unter unaufhörlichem Lärm geführt. Immer wieder 
ertönte die Glocke des Präsidenten, bis schließlich Briand nochmals das Rednerpult 
bestieg und erklärte, es handle sich jetzt nicht mehr um die Geschäftsordnungsfrage, 
sondern einzig darum, zu wissen, ob ein Zusammenarbeiten zwischen der Kammer und 
der Regierung möglich sei. Wenn die Kammer der Regierung keinen Glauben schenken 
könne, so beweise das, daß in Wirklichkeit jede Zusammenarbeit unmöglich sei. 
Sodann erhielt Tardieu (Linksrepublikaner) das Wort, der ausführte, die neue 
Regierung sei eine Organisation, die, wie jedes Kompromiß, Verwirrung mit sich bringe. 
Was er aber der neuen Regierung vorwerfe, seien nicht Einzelheiten, sondern ihr gesamtes 
Gefüge und ihre Leitung. Alles, was schwach und unzureichend erscheine, sei in der 
Leitung inbegriffen. Der Ministerpräsident habe sich geirrt. In allem könne man die 
Unzuständigkeit und Mangelhaftigkeit feststellen. Auch die moralische Leitung sei lücken 
haft gewesen. Man habe die Presse einem Regiment unterworfen, das alle unabhängigen 
Artikel unterdrückte, und damit eine künstliche Stimmung erzeugte, die nicht den Tatsachen 
entspreche. Nicht das Parlament müsse im Vertrauen gestärkt werden. Ein Fehler der 
Regierung sei es gewesen, eine öffentliche Meinung groß zu ziehen, deren Ergebnis es 
sei, daß infolge der letzten Vorgänge sogar in den Dörfern tiefe Enttäuschung herrsche. 
Durch ein Vertrauensvotum werde die Stimmung im Lande nicht gehoben. Man müsse 
die Männer, und vor allem das Oberhaupt wechseln. 
Lairolle (Progressist) betonte, man habe nicht das Recht, mit den letzten Karten 
leichtsinnig zu spielen. Man brauche eine energische, tatkräftige Regierung. Violette 
(unabhängiger Sozialist) stellte nach verschiedenen Fragen über das Wirken der neuen 
Militär- und Zivilbehörde fest, daß die Stimmen, die bei dem letzten Vertrauensvotum 
gegen die Regierung abgegeben wurden, nicht gegen die abgegangenen Minister, sondern 
gegen Briand gerichtet gewesen seien. Darauf bemerkte Briand ausdrücklich, er sei sich 
darüber von Anfang an im klaren gewesen. Violette bedauerte weiter, daß Painlevs und der 
Kriegsminister Roques zurückgetreten seien, und fragte, ob letzterer, dessen Verantwortlich- 
keitsgesühl bekannt sei, wegen seiner Berichterstattung über die Orientarmee habe gehen 
müffen. Das französische Volk, das zu allen Anstrengungen fähig sei, werde seine letzten Opfer 
nicht unter der Führung Briands bringen. Auch Go ud e (unifizierter Sozialist) bedauerte, daß 
der Kriegsminister nicht mehr zurückgekehrt sei, und meinte, die Politik Briands sei gefährlich. 
Erschloß, auch wenn Briand ein Vertrauensvotum erhalte, werde er nicht regieren können. 
M a g i n o t führte aus, er scheue nicht vor der Feststellung zurück, daß, was in diesen 
beiden Jahren erreicht worden sei, weit entfernt von dem sei, was erwartet wurde..
	        
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