134 Die Ereignisse an der We st front im fünften Kriegshalbjahr
Vom Lustkampf
Fliegerangriffe auf deutsche Städte
Nach den amtlichen Meldungen und ergänzenden Mitteilungen
9. August 1916.
Meldung der britischen Admiralität: Am 30.Juli 1916 haben englische Seeflugzeuge in
Verbindung mit französischen Flugzeugen einen Angriff auf die bewachten Depots und die Kasernen
von Müllheim in Baden ausgeführt. Die Flugzeuge wurden heftig beschoffen, kehrten jedoch
unversehrt zurück (vgl. die Meldung der deutschen Obersten Heeresleitung XIV, S. 283).
Aus der französischen Nachmittagsmeldung: . . . Während der Nacht vom 8. auf
den 9. August hat eines unserer Flugzeuge, welches von einem Führer und einem Beschießer besetzt
war (nach der französischen Abendmeldung vom 9. VIII. 16 die Adjutanten Baron nnd Emmanueli)
Geschoffe auf die Pulverfabrik von Rottweil am Neckar abgeworfen. 150 kg Explosivstoffe
wurden auf die Gebäulichkeiten geworfen, wo 2 große Brände und zahlreiche Explosionen festgestellt
werden konnten. Die Flieger, welche um 8 Uhr 30 abends abgeflogen waren, kehrten um 11 Uhr 55
nachts zurück, nachdem sie in voller Dunkelheit einen Flug von 350 km, der durch das Ueberqueren
der Vogesen und des Schwarzwaldes besonders erschwert war, zurückgelegt hatten.
10. August.
Ein fe'ndlicher Flieger warf in der Nacht vom 8. zum 9. August mehrere Bomben auf Rott
weil in ^Württemberg ab. Ein Wohnhaus wurde getroffen, mehrere Personen verletzt. Militärischer
Schaden entstand nicht.
12. August.
Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" schrieb halbamtlich: „Die Zeitungen der Ententemächte
ergehen sich in überschwenglichen Lobeshymnen über den Flug des ftanzöstschen Fliegerleutnants
Marchal, der von Nancy aus Berlin überflogen haben soll und in der Nähe von Cholm zur
Landung gezwungen, in österreichische Gefangenschaft fiel. Wenn wir auch die sportliche Leistung
des Fliegers keineswegs herabsetzen wollen, so muß doch darauf hingewiesen werden, daß bereits
lange vor dem Kriege derartige und größere Leistungen von Fliegern aller Länder vollbracht worden
sind. Militärischen Wert haben derartige Flüge kaum.
Der Flieger behauptet, Proklamationen über Berlin abgeworfen zu haben; die Prokla
mation soll nach einer Mitteilung des „Journal" mit den Worten eingeleitet worden sein: „Wir
sind wohl in der Lage, die offene Stadt Berlin zu bombardieren und unschuldige Frauen und Kinder
zu töten; aber wir begnügen uns damit, diese Proklamation abzuwerfen . . Demgegenüber ist
festzustellen:
1) ES ist kein französischer Flieger über Berlin gesehen worden.
2) Es ist weder in Berlin noch in der Umgebung dieser Stadt auch nur ein Exemplar der Prokla
mation gefunden worden.
3) Die Möglichkeit, die in der angeblichen Proklamation angedeutet wird, Berlin mit Bomben zu
belegen, ist nichts als ein frommer Wunsch. Bei einem Fluge von einer solchen Ausdehnung ist
das Mitführen von Bomben ausgeschloffen; denn die Nutzlast kann in diesem Falle nur das
Benzin sein.
4) Die ruchlosen Angriffe auf deutsche offene Städte — wie Karlsruhe und die Schwarzwald
orte — haben zur Genüge bewiesen, daß sich die feindlichen Flieger nicht durch irgend welche Rück
sichtnahme in der Ausführung ihrer Verbrechen, die friedliche Zivilbevölkerung, Frauen und Kinder,
zu töten, stören laffen.
Ebenso bedeutungslos sind die offenbar aus Aerger über die Nachrichten von Deutschlands vor
züglicher Ernte in die Welt gesetzten französischen Drohungen, unsere Felder durch Flieger
bomben verbrennen zu wollen. Wenn dies möglich wäre, könnte man Deutschlands Feinden
derartige Ruchlosigkeiten wohl zutrauen. Aber auch hier scheitert diese Absicht an der Unmöglichkeit,
genügende Mengen von Brandbomben auf weite Strecken mitzuführen.
4. September 1916.
AuS der Meldung der deutschen Obersten Heeresleitung: . . . Durch mehrere
Bomben auf die Stadt Schwenningen wurden 5 Personen verletzt und einiger Gebäudeschaden
verursacht.