Volltext: Der Völkerkrieg Band 13 (13 / 1918)

42 Das Deutsche Reich während des fünften Kriegs Halbjahr es 
nennenswerte überseeische Zufuhr, für uns arbeiten keine fremden Hände; wir sind auf unsere eigene 
Arbeit angewiesen. Was wir für die KciegSführung und die Volkserhaltung brauchen, müssen wir 
mit unserer eigenen Arbeit täglich schaffen. Auch hier Hilst uns die heimatliche Erde. Wie für die 
Kriegsführung, so gibt sie unS auch für die Volksernährung das, was wir brauchen; aber sie läßt 
es sich hart und schwer abringen. Das Wort „Im Schweiße deines Angesichts sollst du dein Brot 
essen" ist neue Wahrheit geworden. Auch hier heißt es also: Arbeit, Arbeit und noch einmal Arbeit. 
Meine Herren, der Mobilmachung der Arbeit gilt das Gesetz. Wir wollen und müssen aus der 
Arbeitskraft des deutschen Volkes das Letzte herausholen für Kriegführung und Selbsterhaltung. 
Die Mobilmachung der Arbeit, meine Herren, wird mit dem Gesetz nicht begonnen, sondern vollendet. 
Ich glaube, es ist nicht wenig, was bisher geleistet worden ist, aber es ist jetzt nicht mehr genug. 
Die deutsche Volkswirtschaft hat sich vom ersten Tag des Krieges an im einigen Zusammenwirken 
aller Berufsklassen, im Zusammenwirken des werktätigen Volkes mit Behörden auf Krieg und Kriegs 
bedürfnisse eingestellt. Wir leben jetzt bald seit 2 1 / 2 Jahren in der Kriegswirtschaft; wir leben in 
Verhältnissen, die vor 2 l / a Jahren jeder von unS für undenkbar, für untragbar gehalten hätte. 
Sie sind heute unser tägliches Brot. In der Gewöhnung deS Tages verliert sich der Blick für das 
Außergewöhnliche dieser Zeit. Um Ihnen das vor Augen zu rücken, möchte ich folgendes anführen: 
Wir haben einen Außenhandel von 23 Milliarden Mark jährlich verloren, eine Einfuhr, die uns die 
notwendigsten Stoffe für die Volksversorgung und die gewerbliche Arbeit zuführte, eine Ausführung, 
die Millionen von Händen Arbeit und Verdienst gewährte. Wir haben weitere Millionen und aber 
Millionen der besten und kräftigsten Arbeiter aus allen Berufen herausgeholt und gegen den Feind 
gestellt. Seit fast 27 a Jahren erleben wir eine sich fortgesetzt steigernde Einziehung von Arbeits 
kräften, der gegenüber der stärkste Generalstreik, den sich jemand nur vorstellen kann, ein Kinderspiel ist. 
Wenn es gelungen ist, unsere Wirtschaft dieser ungeheuerlichen Verschiebung in ihrer ganzen 
Grundlage anzupassen, so heißt daS gleichzeitig, daß eine Umgruppierung der Arbeitskräfte erfolgt 
ist, so gewaltig, wie sie die Welt noch nicht gesehen hat. Große Berufszweige sehen sich in ihrer 
Tätigkeit eingeschränkt oder gar stillgelegt. Andere Berufszweige — alles, waS für den Krieg 
arbeitet — entwickeln sich in einem Riesenausmaß. Neue Industrien sind auS der Erde gestampft 
worden. ES galt, die Arbeitskräfte aus den feiernden Berufen in diejenigen überzuführen, die ihre 
Kräfte bis zum äußersten anspannen mußten und weiter anspannen müssen. Es galt, Ersatz zu 
schaffen für die Millionen von Männern, die der Krieg zu den Waffen gerufen hat. 
In diesen wenigen Sätzen ist die Größe der Aufgabe, die bisher zu bewältigen war und noch zu 
bewältigen ist, nicht erschöpft. Es trat von Anfang an eine große Schwierigkeit, eine ernste Sorge 
mit hinzu, die gebieterisch Rücksicht verlangte. Der Krieg brachte mit einem Schlage eine schwere 
Stockung in unser ganzes Wirtschaftsleben, eine Stockung, die nur langsam überwunden wurde, 
während die eigentliche Kriegsarbeit erst allmählich heranwuchs. Meine Herren, ich erinnere Sie an 
die ersten Kriegstage. Da richtete sich vor uns allen drohend das Gespenst der Arbeitslosigkeit 
auf. Für uns alle entstand die Frage: wie können wir der Arbeitslosigkeit vorbeugen, wie können 
wir die Folgen der Arbeitslosigkeit abmindern? Sehr kluge Leute haben damals Vorschläge gemacht, 
Notstandsarbeiten allergrößten Stils auszuführen, ohne Rücksicht auf den wirtschaftlichen Nutzen, nur 
um Beschäftigung für die feiernden Arbeitskräfte zu finden und zu schaffen. Die Sorge war nicht 
unbegründet. Zuerst der Albdruck des ungeheuerlichen Geschehens und der Ungewißheit der Zukunft, 
dann in einzelnen Industriezweigen der Rohstoffmangel, der inzwischen fortgesetzt gewachsen ist, die 
Einziehung des leitenden Personals, der Offiziere und Unteroffiziere des wirtschaftlichen Lebens — 
die Sorge wurde also zur Wahrheit. Ich gebe Ihnen einige Zahlen: 
Von 100 Mitgliedern der Fachverbände waren arbeitslos im Juni 1914 2,5 %, im Juli 1914 
2,9%, dagegen im August 1914 22,4 %♦ Im September, nachdem der erste Schreck überwunden 
war, betrug der Prozentsatz der Arbeitslosigkeit immer noch 15,7 %, und erst im Juni 1915 wurden 
die 2,7 %, das Niveau vor dem Kriege, wieder erreicht. Es hat also ein volles Jahr gedauert, bis 
daS Friedensniveau in dem Verhältnis von Arbeitsangebot und Arbeitsnachsrage wieder hergestellt 
worden ist. Dann hat es sich vom Juni 1915 bis Juni 1916 ungefähr auf derselben Höhe gehalten. 
Seitdem ist es weiter heruntergegangen, bis auf 2% im September 1916" . . . 
Nachdem darauf Dr. Helfferich genaue Zahlen über die Verringerung der Arbeits 
losigkeit in den verschiedenen Industrien wie in der Landwirtschaft bei den männlichen 
und weiblichen Arbeitskräften gegeben und gezeigt hatte, in welch weitgehendem Maße
	        
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