Volltext: Der Völkerkrieg Band 13 (13 / 1918)

40 Das Deutsche Reich während des fünften Kriegshalbjahres 
Meine Herren, wir haben den Grundgedanken des Gesetzes und die Organisation, zu der daS 
Gesetz führt, mit Vertretern der beteiligten BerufSkreise, dann mit dem Hauptausschuh dieses hohen 
Hauses durchgesprochen und beraten.' Der hingebenden und gründlichen Tätigkeit des Hauptausschusfes 
verdanken wir die wertvollste Vorarbeit, die uns zu einem baldigen und erfolgreichen Abschluß 
führen möge. Je tiefer die Arbeit in den Gegenstand eindrang, um so klarer trat die Größe der 
Aufgabe hervor, die gesamte Volkskraft für die Kriegswirtschaft zu organisieren. Gewaltig sind die 
Eingriffe in das Wirtschaftsleben. Aber sind sie nicht gering gegen die Gewaltsamkeit des Krieges? 
Die Möglichkeit des Zwanges mußte vorgesehen werden. Eherne Notwendigkeit verlangt eisernen 
Willen. Die Möglichkeit deS Zwanges soll den festen Boden geben, auf dem wir stehen müssen, 
um hinter der kämpfenden Armee organisch eine Armee der Arbeit aufzubauen. Gelingen aber 
kann das Werk nur, wenn es sich darstellt als das Ergebnis nicht des Zwanges, sondern der freien 
Ueberzeugung des ganzen Volkes, wenn Industrie und Landwirtschaft, wenn Arbeiter und Unter 
nehmer und vor allem ihre bewährten Organisationen sich ihm freiwillig hingeben und widmen. 
Daß dies eintreten wird, meine Herren, auch das dürfen wir mit Zuversicht erwarten, dafür 
bürgt unS der Sinn, mit dem sich das ganze Volk seit dem ersten Tage auf den Krieg eingestellt 
hat, dafür bürgen uns die großen Leistungen, die dieser Sinn doch schon bisher hervorgebracht hat. 
Der Geist, der alle im Lande zu Beginn des Krieges beflügelte, mitzuwirken und mitzuhelfen, wo 
es auch sei, dieser Geist wird aufs neue aufgerufen, und, meine Herren, jeder unter uns weiß, daß 
er sich dem Rufe nicht versagen wird. Wenn draußen Hunderttausende in der Verteidigung deS 
Vaterlandes verbluten, dann wird der Mann daheim nicht das letzte Opfer gebracht zu haben meinen, 
wenn er tatenlos die Mühen erträgt, die der Kriegszustand mit sich bringt. Dann wird er es als 
seine Pflicht vor dem Vaterlande, vor den Kämpfern, vor den gefallenen Helden betrachten, seine 
Kraft am Platze einzusetzen, wo sie für den KriegSzweck am nützlichsten wirkt. 
Meine Herren, über die Einzelheiten des Gesetzes mögen die Meinungen auseinandergehen, mag der 
eine dieses verurteilen, der andere jenes vermissen. Aber dieses Gesetz, für die Kriegszeit geschaffen, 
soll doch ein Zeugnis dafür sein, daß wir für alle Zeit festhalten wollen, den Geist gegenseitigen 
Vertrauens und gegenseitiger Hilfsbereitschaft, der unS in der schwersten Not unseres Volkes zusammen 
geführt hat, und auf dem allein sich eine Zukunft aufbauen kann, stark nach außen und frei nach 
innen. Im Namen der verbündeten Regierungen bitte ich Sie, meine Herren, helfen Sie an dem 
Werk, daS uns neue Kraft bringen und unS damit dem Sieg und dem Frieden zuführen soll." 
Darauf erhob sich der Kriegsminister Generalleutnant v. Stein zu nachstehenden 
Ausführungen: 
„Das vorliegende Gesetz soll unseren schwerkämpfenden Truppen Unterstützung und Stärke bringen. 
Am meisten betroffen sind die Truppen, denen es bis jetzt nicht vergönnt war, die seelische Er 
regung im Kriege zu erleben, die ein siegreiches Gefecht mit Verfolgung des Feindes mit sich führt. 
Sie alle, die die Schwere des Verlustes gefallener Freunde hinter sich lassen konnten, sie sind am 
meisten getroffen, die gebannt an eine Stellung gegen eine Uebermacht kämpfen müssen, und neben 
denen sich die Opfer vollziehen durch den Fall ihrer nächsten Kameraden, ihrer Freunde, mit denen 
sie gelebt und gekämpft haben, und dieser Eindruck verwischt sich nicht. Wer als Führer da draußen 
mit seinen Truppen gelebt und gefühlt hat, dem ist es etwas außerordentlich Schweres gewesen, 
wenn er überall und zu jeder Zeit sich auf einen gegebenen Raum bewegte, mochte es bei Tag oder 
Nacht sein, in Tätigkeit oder in Ruhestellung, in vorderster Linie oder weiter zurück, wenn er immer 
nur den eintönigen Donner der Geschütze hörte, der nicht eine Sekunde unterbrochen war. Natürlich 
waren es Geschütze von beiden Seiten. Da war man sich immer bewußt, jetzt, wo der Kanonen 
donner droht, kostet es manchem Kameraden sein Leben oder seine Gesundheit. UnS waren Grenzen 
gesetzt durch die gebotenen Mittel. Diese Mittel zu verstärken und sie auf ein solches Maß zu 
bringen, daß daS kostbare Blut, daS da fließt, vermindert wird, ist der Zweck dieses Gesetzes. Nicht 
nur wir haben dort darunter gelitten, das würde einseitig sein, die Feinde litten auch durch unsere 
Tätigkeit. Es sind Belege in unsere Hände gefallen, die davon Zeugnis geben. ES hat mir lange 
ein sehr energischer französischer General gegenübergestanden. Es sind bei Gefangenen oder Toten 
Befehle von ihm vorgefunden worden, die für uns zum großen Teil unverständlich waren. Wir 
ersahen daraus, wie viele Todesurteile an den eigenen Leuten vollzogen wurden. Bei unserem 
siegreichen Angriff auf daS vielgenannte Thiepval war ein Drahtzaun gezogen und dahinter Maschinen 
gewehre aufgestellt. Es hieß in dem Befehl: Wer zurückgeht, wird erschossen. Bei dem Angriff,
	        
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