Volltext: Der Völkerkrieg Band 13 (13 / 1918)

32 Das Deutsche Reich während des fünften Kriegshalbjahres 
Vorher war die Vorlage betreffend Aenderung des Gerichtskostengesetzes, der Gebühren 
ordnungen für Rechtsanwälte und Gerichtsvollzieher, gegen die Stimmen der Rechten und 
eines Teiles der Sozialdemokraten angenommen worden, ebenso der Entwurf eines Gesetzes 
über die Festsetzung von Kursen der zum Börsenhandel zugelassenen Wertpapiere in 
zweiter und dritter Lesung (vgl. S. 63). Schließlich ist ohne Aussprache auch das Gesetz 
betreffend Auskunftsertcilung über Kriegsverordnungen angenommen worden, doch lehnte 
der Bundesrat am 19. Januar 1917 die Zustimmung zu diesem Entwurf ab. Nach der 
Erledigung der Resolutionen zum Kriegsministerium kam der Reichstag in vorgerückter 
Stunde noch zur Ernährungssrage. 
Der Ausschuß beantragte, den bestehenden Haferpreis von 28 Mark für den Doppel- 
zentner beizubehalten, die Viehhandelsverbände zur baldigen Annahme der zum Verkauf 
stehenden Schweine und Rinder zu verpflichten, die Viehzucht durch Ueberweisung von 
Futtermitteln sicherzustellen, die Spannung zwischen Vieh- und Fleischpreisen herabzu 
setzen und die zu hohen Provisionssätze der Viehhandelsverbände möglichst durch mäßige 
feste Gehälter und Tagegelder zu ersetzen. 
Ferner sollen 80 in der Kommission gestellte Anträge, in denen Spezialvorschläge 
zur Sicherung der Volksernährung gemacht werden, als Material dem Reichs 
kanzler überwiesen werden. 
Der Abgeordnete Mumm (D. F.) beantragte außerdem mit Unterstützung aus allen 
Parteien mit Ausnahme der Deutschkonservativen eine Resolution, den Reichskanzler zu 
ersuchen, soweit nicht Heereserfordernisse vorliegen, jeder Umwandlung von Nährstoffen 
in alkoholische Genußmittel nach Möglichkeit entgegenzutreten. 
Auch von der fortschrittlichen Volkspartei war eine Resolution Ablaß vorgelegt worden, 
welche Vermehrung der Rinderschlachtung und entsprechende Erhöhung der Fleischration, 
stufenweise Herabsetzung der Höchstpreise für Rinder schon im Laufe des Winters 1916/17 
und Erwägung über Wiederherstellung des freien Handels mit Rindvieh forderte. 
Der Berichterstatter Graf Westarp (kons.) gab in längerem Referat ein aus 
führliches Bild von dem Gang der Kommissionsverhandlungen, worauf der Prä 
sident des Kriegsernährungsamtes, v. Batocki, das Wort ergriff, um die von ihm 
während seiner Amtszeit getroffenen Maßnahmen zu erläutern und zu rechtfertigen, 
und um der Oeffentlichkeit zu sagen, warum diese oder jene Wünsche nicht in Erfüllung 
hätten gehen können. Wie bei allen seinen Reden ließ Batocki durchklingen, daß man 
mit der Zentralisierung leider etwas zu spät begonnen und viel kostbare Zeit habe un 
genützt verstreichen lassen. Aber nachdem man jetzt das strenge System der Kriegswirt 
schaft einmal eingeführt habe, sei nicht mehr daran zu denken, daß irgend ein Glied heraus 
gebrochen werden könnte; das freie Spiel der Kräfte müsse weiter ausgeschaltet bleiben. 
Die Debatte wurde in der Sitzung vom 4. November 1916 weitergeführt und schließlich 
nach längeren Reden der Abgeordneten Herold (Zentr.), Dr. Böhm (natl.), Graf von 
Schwerin-Löwitz (d.kons.) und Freiherr von Gamp-Massaunen (deutscheFrakt.) 
sowie Ausführungen des Präsidenten des Kriegsernährungsamtes von Batocki damit 
beendet, daß die Anträge des Haushaltsausschuffes angenommen wurden, auch der 
Antrag Mumm eine knappe Mehrheit fand, die Abstimmung über den Antrag der 
Fortschrittlichen Volkspartei aber angesichts des nur noch lückenhaft besetzten Hauses 
ausgesetzt wurde. 
Von den übrigen gesetzlichen Maßnahmen, die noch Erledigung fanden, sei der Antrag 
des Ausschusses für Handel und Gewerbe, die verbündeten Regierungen zu ersuchen, eine 
angemessene Beihilfe für die Leipziger Messe aus Reichsmitteln in Aussicht zu 
nehmen, erwähnt, der gegen die Stimmen der sozialdemokratischen Arbeitsgemeinschaft an 
genommen wurde.
	        
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