270 Der türkische Krieg während des fünften Kriegshalbsabres
General Maudes Leitung in Gang setzte, unter ungleich besseren Bedingungen, als
dies unter seinen Vorgängern der Fall gewesen ist.
Die restlose Abwehr der britischen Entsatzversuche ist den Türken seinerzeit wesentlich
dadurch geglückt, daß sie sich, ähnlich den Kontravaklationslinien früherer Belagerungen,
zu beiden Seiten des Tigris starke befestigte Vorstellungen geschaffen halten, mit denen
das zwischen Sumpf und Strom besindliche, einzig benutzbare Vormarschgebiet versperrt
'werden konnte. Das waren die Positionen von Sanna-i Jat und Es-Sinn (vgl. die
Karte XVII, S. 43), von denen die letztere auf dem rechten Tigrieufer vom Strom
bis zu dem ihm von Süden zufließenden und bei Kut einmündenden SchaW el-Hai reichte.
Bevor den türkischen Stellungen um Kut beizukommen war, wollten daher zuerst diese
befestigten Linien überwältigt sein. Das scheint sich nun dadurch leichter gestaltet zu
haben, als die Türken, nach den englischen Berichten zu schließen, die Sauna i-Jat-
Position nur noch auf dem linken Stromufcr hielten und die Es-Sinn^ Stellung auf.
gegeben hatten, was damit zusammenhängen mochte, daß General Maude seinen Vormarsch
gegen Kut nicht nur aus östlicher Richtung längs des Tigris angesetzt hatte, sondern
auch aus südlicher Richtung, dem Schatt-el-Hai entlang.* In dieser Richtung besetzten
britische Sireitkräste am 11. Januar die Stadt Hai, säuberten bis zum 21. Januar
das rechte Ufer des Tigris von Kut-el-Amara stromabwärts und drangen in den Kämpfen
vom 27. bis 29. Januar 1917 in die türkischen Linien ein.
Diese Verlegung einer gewissen Masse von strategischer Energie aus türkische Kriegs
schauplätze durch England ging, so meinte Major Franz Karl Endrcs in der «Frank
furter Zeitung" (21.1. 17) wohl „von dem Gedanken aus, diesen Bundesgenossen Deutsch
lands für alle Fälle zu schädigen, um Kompensationsobjekte zu gewinnen, deren volle
Bewertung beim Friedensschluß durch Deutschland man zufolge seiner moralischen Be
ziehungen zur Türkei ohne weiteres annimmt*. Doch soll daneben nicht verschwiegen
werden, daß die britischen Erfolge am Kanal wie in Mesopotamien sicherlich mehr
den Engländern selbst als der Entente zugute kamen.
Die Kämpfe im Kaukasus
Vom I.AugustI-16 bis Ende Ianuar!9I7
Chronologische Uebersicht nach den Meldungen des türkischen Hauptquartiers
Die wichtigeren amtlichen russischen Meldungen sind beigegeben.
2. August 19,6.
In den Abschnitten von BitliS und Musch schwache örtliche Feuerkämpfe. Vom Feinde seit
5 Tagen mit 7 Regimentern Infanterie, 4 Regimentern Kavallerie und über 30 Kanonen und Haubitzen
hartnäckig ausgeführte Angriffe gegen unsere vorgeschobenen Stellungen, die einen nach Nordosten
gerichteten Vorsprung im Abschnitte von Ognott bilden und von einer ganz geringen Streitmacht
verteidigt wurden, wurden bluiig abgeschlagen. Der Feind hatte während dieses Kampfe- über
3000 Tote. Unsere Verluste sind verhältnismäßig sehr gering.
Am 1. August morgens griff der Feind mit herangeführten Verstärkungen nach einer sieben-
stündigen Beschießung von neuem diese Stellungen an und erlitt wiederum außerordentliche Ver
luste. Unsere vorgeschobene Abteilung wurde, da ihre Anwesenheit in dieser Stellung für nutzlos
gehalten wurde, in ihre ein wenig rückwärts gelegenen Stellungen zurückgezogen. Im Zentrum und
auf dem linken Flügel an der Küste keine bedeutende Kampfhandlung. Die vom Feinde entfaltete
Tätigkeit, um namentlich nach Westen von Erzingian vorzurücken, war vollständig fruchtlos. Die
Ortschaft Kaleburun westlich von Bolathans wurde vom Feinde besetzt.
3. August 1916.
In den Abschnitten von Bitlis und Musch keine Veränderung. Sin Angriff, den die Russen
gegen einen Teil unserer Stellungen im Abschnitt von Ognott, etwa 80 1cm südlich Erzerum
unternahmen, wurde zum Stehen gebracht und von unseren Streitkräften zurückgewiesen.