Volltext: Der Völkerkrieg Band 13 (13 / 1918)

Die innere Politik und Personalien II 247 
direktor im Wirtschaftsdepartement des Ministeriums des Innern. Nachdem er dann in einer Reihe 
von Ausschüssen in den Ministerien des Innern, der Verkehr-wege, der Marine und der Finanzen 
tätig gewesen war, erhielt er im Jahre 1887 seine Ernennung als Gouverneur von Archangel, 1893 
als Gouverneur von Kaluga. Am 14. Mai 1896 mit der Würde eine- Geheimen Staatsrats be 
kleidet, wurde er im folgenden Jahre Gouverneur von Twer, wo er einen scharfen Zusammenstoß 
mit der Semstwoverwaltung hatte und eine scharf reaktionäre Gesinnung bekundete, so daß das Miß 
trauen, das die politische Opposition in Rußland und ihre alliierten Gesinnungsgenossen in London 
dem neuen Ministerpräsidenten entgegenbrachten, wohl zu erklären ist. 1893 Senator geworden, 
trat er 1915 in den ReichSrat, die Sinekure russischer Staatsmänner mit und ohne Verdienst, ein. 
In einem verschleierten Kommentar bezeichnete „Rjetsch" die Ernennung Galitzyns als Anzeichen des 
steigenden Einflusses Stürmers, der mit Fürst Galitzyn seit der Ereignisse in Twer (vgl. auch XIII, 
S. 250) befreundet war, innerhalb der die Zarin umgebenden Hofkreise. 
Professor N. K. Kultschizkij, der Nachfolger des Unterrichtsministers Grafen Jgnatiew, 
war nach Mitteilungen der „Frankfurter Zeitung" (27.1. 17), 60 Jahre alt und früher Lehrer für 
Histologie an der Universität Charkow, nahm aber seit 1913 Verwaltungsstellen ein. Zuerst war 
er Kurator des Lehrbezirks Kasan, kurz vor dem Kriege wurde er in der nämlichen Würde nach 
Petersburg berufen. Anfang 1916 ist er zum Senator ernannt worden. 
15. Januar 1917. 
Der frühere russische Justizminister Schtscheglowitow (vgl. S. 233 u. IX, S. 205), der 
Führer der Rechten im russischen Reichsrat und heftigster Gegner der Duma ist zum Präsi 
denten deS Reichsrats ernannt worden. Man schloß daraus, daß die Regierung fest ent 
schlossen sei, ihren begonnenen Kampf mit der Volksvertretung bis zum Aeußersten weiter-»führen. 
17. Januar. 
Nach der „Times" teilte „Rjetsch" mit, daß PokrowSky, der Minister des Aeußern, einen zwei 
monatigen Krankheitsurlaub erhalten habe. Man erwarte, daß dem Handelsminister Fürsten Scha 
ch owskij ein ähnlicher Urlaub erteilt werde und auch Finanzminister Bark, der zusammen 
mit den beiden genannten Ministern ein Entlaffungsgesuch eingereicht habe, beurlaubt werde. 
18. Januar. 
General Bjeljajew (Bildnis IX nach S. 204, Personalien IX, S. 206), ehemaliger Gehilfe 
deS Kriegsministers und Chef des Generalstabes (vgl. XVI, S. 291) ist zum Kriegsminister 
ernannt worden anstelle des Generals Schuwajew (vgl. XVI, S. 290), der sich ebenfalls mit Tre- 
pow solidarisch erklärt hatte und nun zum Reichsratsmilglied ernannt worden ist. Der Rücktritt 
deS Gehilfen des Ministers! des Innern, Fürsten Wolkuski (vgl. XIII, S. 247) ehemaligen 
Vizepräsidenten der Duma wurde bewilligt. Auffallenderweise wurde der Gehilfe im Auswärtigen 
Amt, Alexander Polowzow (vgl. S. 235 u. 245), zum kaiserlichen Stallmeister ernannt. Man 
brachte diese Ernennung mit dem bevorstehenden Rücktritt Pokrowskys in Zusammenhang. 
21. Januar. 
Der Polizeipräsident von Odessa SoSnowski ist zum Gehilfen deS Ministers des Innern Pro- 
topopow ernannt und damit die Stellung diese- von der Duma stark angefeindeten Ministers noch 
erheblich verstärkt worden. 
Dem früheren Ministerpräsidenten Stürmer wurde unter dem Titel eines Beirats des 
für mehrere Monate beurlaubten Ministers PokrowSky die Leitung der auswärtigen Po 
litik übertragen. Um das dadurch in Ententekreisen entstandene Mißtrauen zu beseitigen, ist dazu 
von amtlicher Seite folgende Note ausgegeben worden: „Bei der Beibehaltung deS Herrn Stürmer 
rm Ressort des Ministeriums deS Aeußern handelt eS sich nur um ein Ehrenamt. Nach alter rus 
sischer Tradition müssen diejenigen Beamten, die eine höhere Stellung in einem Ministerium ein 
genommen haben, nominell auf der Liste deS Personals dieses Ministeriums beibehalten werden." 
22. Januar 1917. 
Der Zar hat an den Ministerpräsidenten Fürsten Galitzyn folgenden Erlaß gerichtet: 
„Nachdem ich Ihnen den verantwortlichen Posten alS Ministerpräsident anvertraut habe, halte ich 
es für angezeigt, Sie auf die Nächstliegenden Fragen aufmerksam zu machen, deren Lösungen die 
Hauptarbeit der Regierung zu sein haben. Im gegenwärtigen Augenblick der Wende deS großen 
Krieges richten sich alle Gedanken sämtlicher Russen ohne Unterschied der Nationalität und Klasse 
auf die tapferen und glorreichen Verteidigungsarbeiten und erwarten in einer gewaltigen Spannung
	        
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