Volltext: Der Völkerkrieg Band 13 (13 / 1918)

244 Rußland während des fünften Kriegshalbjahres 
gegen ihn den Verdacht hegte, daß er einer Stimmung zugunsten der Friedensfreunde oder derer, 
denen daran tag, Rußland von seinen Bundesgenossen zu trennen, nicht abgeneigt war. Der 
Personenwechsel im Kabinett ist die Bürgschaft für Rußlands zukünftige Politik und eine Ohr 
feige für die deutschfreundliche Bewegung." 7 
Alexander Fedorowitsch Trepow war nach Angaben des „Bund" (27. XI. 16) „1916 
erst 64 Jahre alt. Er war der Sohn des seinerzeitigen Stadthauptmanns von Petersburg, Fedor 
Trepow, der bei einem Attentat von Wera Sassulitsch am 6. Februar 1878 tödlich verwundet wurde. 
Alexander Trepow hat das Pagenkorps des Kaisers absolviert, diente zuerst im Leibgardejägerregiment 
und wurde bald zum Adjutanten des 18. Armeekorps ernannt. Rach neunjährigem Militärdienst, erst 
27 Jahre alt, trat er in die Reserve zurück, war einige Zeit Adelsmarschall von Skwira und diente 
dann in der Staatskanzlei als Gehilfe des Staatssekretärs des Reichsrates. Im unruhigen Jahre 
1905 nahm Trepow bei der Ausarbeitung des „allerhöchsten Februar-Reskripts" teil. 1906 wurde 
er ins Ausland geschickt, um die ausländischen gesetzgeberischen Institutionen kennen zu lernen. 1905 
ist Trepow zum Jägermeister, 1907 zum Senator und am 14. (1.) Januar 1914 zum Reichsrats 
mitglied ernannt worden. Im Reichsrate hat er bei der Rechten Platz genommen. Während dieses 
Krieges arbeitete Trepow lebhaft mit im Komitee für die Landesverteidigung. Als er Mitte No 
vember 1915 an Stelle Ruchlows zum Verkehrsminister berufen wurde (vgl. XIII, S. 249), bezeichnete 
„Rjetsch" diese Ernennung als eine Sensation, da Trepow selbst nicht verheimlichte, daß er vom 
Eisenbahnwesen bisher keine Ahnung gehabt habe. Nach seiner Ernennung gab sich Trepow aber die 
größte Mühe, den Ruf eines tüchtigen Ministers zu erwerben." Den Titel Staatssekretär erhielt er 
nach der Vollendung der Murmanbahn, an der er persönlich den lebhaftesten Anteil nahm. 
25. November 1916. 
Der Gehilfe im Ministerium des Aeußern Neratow ist mit der Leitung des Ministeriums 
des Aeußern beauftragt worden. 
A. A. Neratow, der seit mehr als 5 Jahren der erste Gehilfe (Unterstaatssekretär) des Ministers 
deS Aeußern war, hatte sich bis zum Kriege damit begnügt, die Politik Ssasonows, der vor ihm 
dasselbe Amt des Ministergehilfen bekleidet hatte, zu fördern. Neratow galt als ein ausgesprochener 
Anhänger einer Vertiefung des Bündnisses mit Frankreich. 
28. November. 
Der Ackerbauminister Graf BobrinSkij (vgl. XVI, S. 294) trat zurück. 
Graf A. A. Bob eins kij, der von jeher als einer der konservativsten Männer der hohen 
Bürokratie galt, gehörte zu den Ministern, mit denen die Duma nicht weiter arbeiten zu können 
erklärt hatte. Der Umfang und Inhalt der gegen ihn erhobenen Anschuldigungen läßt sich jedoch 
wegen der russischen Zensurmaßnahmen nicht genau übersehen. 
14. Dezember 1916. 
Der nach dem Rücktritt des Grafen BobrinSkij interimistisch mit der Leitung des Ackerbau- 
Ministeriums betraute Senator Rittich ist zum Ackerbauminister ernannt worden. 
Rittich, der seit 1912 Gehilfe des Ackerbauministers war, hat nach dem „Bund" (20. XII. 16) 
seine Amtskarriere, zuerst auf sehr bescheidenen Posten, im Jahre 1688 begonnen. Im Jahre 1898 
wurde ihm bereits ein verantwortliches Amt — die Leitung der Uebersiedelung nach dem fernen 
russischen Osten — anvertraut, worin er bis zum Jahre 1903 tätig war. Dann wurde er dem 
Finanzministerium zugeteilt. In das Ackerbauministerium trat Rittich 1905 ein und bekleidete dort 
zuerst den Posten des Direktors des Departements der Reichsgüter. 
Der Reichskontrolleur Pokrowsky (vgl. XVI, S. 289) ist zum Minister des Aeußeren, 
der Gehilfe im Finanzministerium, Feodosiew, znm Reichskontrollenr ernannt worden. 
Nikolai Nikolajewitsch Pokrowsky erwarb sich als Reichskontrolleur, als Präsident der 
russischen Staatsschuldenverwaltung in diesem Amte rasch den Ruf eines bedeutenden Verwaltungs 
talents und galt als besonderer Kenner der verwickelten russischen Finanztechnik und Finanz- 
organisation. Pokrowsy hat sich aber ferner auch bekannt gemacht als das führende Mitglied der 
russischen Vertretung auf der großen Pariser Wirtschaftskonferenz 1916 (vgl. XIV, S. 19). Er 
vertrat dort, wie zweifelsfrei bekannt geworden ist, einen Standpunkt, der im großen ganzen zu 
dem englisch-französischen Programm des Wirtschaftskrieges nach dem Kriege im direkten Gegensatze 
stand, da Rußland, seiner Ansicht nach, nach diesem Kriege auf die Wiederaufnahme wirtschaftlicher 
Beziehungen zu seinen Nachbarn, vor allem zu Deutschland, nicht verzichten könne. Die Selbst
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.