Volltext: Der Völkerkrieg Band 13 (13 / 1918)

Aus den besetzten Gebieten 
22b 
9. November 1916. 
Die Generalgouverneure v. Beseler und Kuk ließen gleichzeitig folgenden Erlaß verkündigen: 
„An die Bewohner der Generalgouvernements Warschau und Lublin! Die Beherrscher der ver 
bündeten Mächte Deutschland und Oesterreich-Ungarn haben Euch ihren Entschluß kundgetan, auS 
dem von der russischen Zwingherrschaft befreiten Polenlande ein neues selbständiges Königreich Polen 
aufzurichten. Euer heißester, mehr als ein Jahrhundert hindurch vergeblich gehegter Wunsch wird 
hierdurch erfüllt. Der Ernst und die Gefahren dieser schweren Kriegszeit und die Fürsorge unserer 
vor dem Feinde stehenden Heere zwingen unS, einstweilen die Verwaltung Eueres neuen Staates 
noch selbst in der Hand zu behalten. Gern aber wollen wir Euch mit Euerer eigenen Hilfe schon 
jetzt allmählich die staatlichen Einrichtungen geben, die seine feste Begründung, seinen Ausbau und 
seine Sicherheit verbürgen sollen. Dabei steht allem voran ein polnisches Heer. Noch ist der 
Kampf mit Rußland nicht beendigt. Es ist Euer Wunsch, daran teilzunehmen. So tretet denn 
freiwillig an unsere Seite, um unsern Sieg über Euere Unterdrücker vollenden zu helfen. Tapfer 
und mit hoher Auszeichnung haben Euere Brüder von der polnischen Legion neben uns gefochten. 
Tut es ihnen gleich in den neuen Truppenkörpern, die mit jenen vereinigt das polnische Heer bilden 
sollen. Es wird Euerem neuen Staate ein festes Mittel geben und ihm Sicherheit nach außen und 
innen gewähren. Unter den von Euch über alles geliebten Farben und Fahnen Euerer Heimat sollt 
Ihr Euer Vaterland schirmen. Wir kennen Eueren Mut und Euere große Vaterlandsliebe und 
rufen Euch auf zum Kampf an unserer Seite. 
Euere wehrhaften Männer werden nach dem Beispiel der tapferen polnischen Legion handeln und 
zunächst in gemeinsamer Arbeit mit dem deutschen und dem ihnen verbündeten österreichisch-unga 
rischen Heere die Grundlage zu einem Polen geben, in dem die ruhmvollen Ueberlieferungen Euerer 
Kriegsgeschichte in der Treue und Tapferkeit Euerer Krieger wieder lebendig werden." 
23. November. 
Auf Anordnung des österreichisch-ungarischen Armeeoberkommandos übernahm Oberst Stanis 
laus Graf Szeptyeki das Kommando über die polnischen Legionen (vgl. S. 219 
u. 220), die Warschau als Garnisonsstadt zugewiesen erhielten. 
7. Dezember. 
Der deutsche Militärgouverneur von Lodz, General Barth, wurde zum Inspektor der pol 
nischen Heerlager ernannt, in denen die polnischen Freiwilligen ihre militärische Ausbildung erhalten 
werden. Die polnischen Legionen gehen am 1. Januar 1917 als ein Bestandteil der neuen polnischen 
Armee auf deutschen Etat über. 
30. Dezember 1916. 
Der Generalgouverneur von Warschau, General d. Inf. v. Beseler, sah sich veranlaßt, das 
polnische Volk, besonders daS Landvolk, in einer Bekanntmachung darauf aufmerksam zu machen 
daß Polen durch die Proklamation vom 5. November 1916 keineswegs völlig unabhängig geworden 
und von den Lasten des Krieges befreit sei. Die polnischen Behörden seien erst im Entstehen be 
griffen und Polen müsse zur Beendigung deS Krieges dieselben Lasten tragen wie Deutschland. 
-i- * * 
Ueber die Vorgeschichte, die Absichten, die Verkündigung und die Aufnahme der Pro 
klamationen vom 5. November 1916 sowie über die Bildung und Eröffnung eines provi 
sorischen Staatsrats am 14. Januar 1917, seine Organisation und Tätigkeit wird in einem 
nächsten Kapitel über das Königreich Polen im Zusammenhang mit den Ereigniffen des sechsten 
Kriegshalbjahres berichtet. 
Die Russen in der Bukowina und in Galizien 
Einige Verwaltungsmaßnahmen 
24. IM 1916. 
Generaladjutant Trepow, Mitglied des Reichsrates, der zum Generalgouverneur der er 
oberten Gebiete in der Bukowina und in Galizien ernannt worden war (vgl. XVI, S. 292), wurde 
vom Zaren bevollmächtigt, auch Vertreter der Bevölkerung zum Staatsdienst heranzuziehen und den 
Selbstverwaltungskörperschaften die weiteste Unterstützung zu gewähren. Die Grundlage der Politik 
Trepows sollte eine wohlwollende Behandlung aller Nationalitäten und Gesellschaftsschichten im eroberten 
Gebiet sein. Jedenfalls sollten weniger nationalistische Tendenzen vertreten werden, als vom Beamten 
stab des ehemaligen Lemberger Generalgouverneurs Grafen BobrinSkij. 
Bölkerkvieg. XX. 
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