Volltext: Der Völkerkrieg Band 13 (13 / 1918)

192 Die Ereignisse an der Ostfront im fünften Kriegshalbjahr 
Sturm auf die Fruntea 
am 14. und 15. Oktober 1916 
Der zum Ostheer entsandte Kriegsberichterstatter Rolf Brandt, der sich Ende Ok 
tober 1916 in Felsö Vissü aushielt, schildert in seinen Berichten an die „Norddeutsche 
Allgemeine Zeitung" und die „Tägliche Rundschau" (31. L. 16) die Herbstkämpfe in den 
Karpathen. Er erzählt: 
, „In den letzten Tagen, ehe die Berge in Regen und Schnee verschwanden und die 
Pfade zu Sturzbächen wurden, setzten noch einmal militärische Anstrengungen in den 
Karpathen ein: man wollte sich für den Winter gut betten und alles beseitigen, was 
Einstcht und Aussicht bei den Stellungen zuließ. Schon am 8. Oktober 1916 war der 
Prislop gegenüber der Baba-Ludowa von deutschen Jägerabteilungen im kurzen, über 
raschenden Ansturm genommen worden. Die Talstraße, die von Burkut entlang dem 
Laufe des schwarzen Czeremosz führt, war damit der Einsicht der Rüsten wieder ent 
zogen. Dichter Nebel hatte das schnell durchgeführte Unternehmen begünstigt. 
Am 14. Oktober 1916 wurden dann die Russen von der mittleren Fruntea ver 
trieben. Hier sprach die Artillerie ein starkes Wort mit. 
Der Nebel hing noch tief in den Tälern, als wir zum Prislop hinauffuhren. Borsa, 
das kleine Gebirgsnest, schlief in dem dichten, weißen Umhang. Die Kolonnen waren 
noch nicht aus den Straßen; nur ein paar Viehherden wurden von Rumänen tal 
abwärts getrieben. Die buntgestreiften Schürzen der Mädchen leuchteten selbst durch 
den Nebel. Höher hinaus aus der Straße zum Prisloppaß wurde zuweilen der Nebel 
lichter. Eine matt leuchtende, kreisförmige, helle Stelle zeigte, daß die Sonne im Nebel 
kampf stand. Jenseits des Prislop huschten denn auch bald goldene Lichter über die 
Tannenhänge. 
Flatternde Nebel, schnellziehende Wolken, das Stück Himmelsblau überläuft die 
Wolkengebirge wie ein sich ausgießender, tiefblauer See. 
Wir steigen zum Gesechtsstand der Division hinaus. Das heißt, eigentlich zu dem 
„künftigen" Gefechtsstand der Division hieße es richtiger. Denn augenblicklich sind auf 
der Spitze, von der man den Sturm auf die Fruntea beobachten kann, nur ein paar 
verlassene und zerfallene Schützengräben, ein zusammengesunkener Unterstand und ein 
spitzer Pfahl aus dem höchsten Punkt der Kuppe, um den Berg festzulegen. So wird 
das Telephon gleich mit hinaufgenommen. Ein Mann trägt den gelben Kasten und die 
Drahtrolle wickelt sich den Berghang entlang im Zeitmaße unseres Aufstieges ab. Das 
Scherenfernrohr wird auch nach oben gebracht, Ordonnanzen müffen mit, eine ganze 
Karawane zieht nach der Höhe. Die österreichisch-ungarischen Truppen ihres Abschnittes 
sind eingesetzt, aber die deutsche Artillerie arbeitet mit, so daß abgesehen vom allgemeinen 
„nachbarabschnittlichen" Interest« noch das Besondere der gemeinsamen Arbeit hinzukommt. 
Als wir den Wald verlassen, um das letzte steile und baumlose Stück des Aufstieges 
zu nehmen, hört man schon undeutlich und wie hinter dicken Mauern den Artillerielärm. 
Die Wolken ziehen nach verschiedenen Richtungen. Eine höhere Schicht, dunkel wie 
eine Flotte mit schwarzen Segeln, geht in rasender Eile nach Südosten, eine niedrige, 
leichte Schleierwand schiebt sich nach Norden zu. Es ist ein fortwährendes Wechseln 
des Lichts und der Formen, trotzdem glänzt siegreich ein großes Stück blauen Himmels 
und verstreute gelbe Sonnenflecken liegen aus den Latschenfeldern und den Tälern, als 
wir oben sind. Der Artillerielärm wird jetzt von Höhe zu Höhe geworfen. Immer 
heller entfaltet sich das ungeheure Panorama. Man kann von dem 1500 m hohen Gipfel, 
auf dem wir stehen, bis nach Rumänien hineinsehen. Die dunkelblauen Kuppen in der 
Ferne, die durch leichte Wolken kaum verschleiert sind, gehören schon zu dem rumänischen 
Teil des Gebirges.
	        
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