Volltext: Der Völkerkrieg Band 13 (13 / 1918)

304 Italien und der Vatikan während des fünften Kriegshalbjahres 
hatte, aber nicht ermächtigt worden war, den Palast zu übergeben, fehlte bei dem Akt. Ueber die 
Förmlichkeit wurde ein notarielles Dokument aufgenommen. Auf dem administrativen Weg übertrug 
sodann der Fmanzminister die Obsorge über den Palast dem Unterrichtsminister Ruffini, der gemäß 
dem Dekret vom 16. Oktober die Räume dem Generaldirektor der schönen Künste zur Verfügung 
stellte, damit sie alS Museum für Kunstgegenstände verwendet werden. 
Oktober 1916. 
Die patriotischen Gesellschaften in Rom überreichten auf Anregung des ftüheren römischen Bürger 
meisters Ernesto Nathan der Regierung das Gesuch, den Palazzo Caffarelli zu konfiszieren 
und damit die italienische Zivilisation davon zu befreien, auf dem kapitolinischen Hügel den Bar 
barenthron des Kaisers sowie ein Kaiserbild zu wissen, auf dem Wilhelm II. als lorbeerbekränzter 
Cäsar zu erblicken sei, mit dem Erdball unter seinen Füßen. (!) (Nebenbei sei bemerkt, daß ein 
derartiges Bild im Palazzo Caffarelli überhaupt nicht existiert. Gleichwohl gab die gesamte italienische 
Presse die genannten Einzelheiten wieder). Die Preßkampagne war nach den Vorgängen beim Palazzo 
Venezia wohl als Vorbereitung zur Beschlagnahme des Palazzo Caffarelli zu betrachten. 
November 1916. 
Der Palazzo Chigi an der Piazza Colonna in Rom wurde von der italienischen Diskontobank 
angekauft, einem 1915 durch Fusion dreier Banken unter französtsch-freimaurerischem Protektorat 
gegründeten Institut, daS die Losreißung Italiens vom Dreibund finanziell erleichtern sollte. Poli 
tisch wie die Gründung dieses Unternehmens war auch die Wahl ihres neuen Sitzes, die nun den 
alten Nepotenpalast im Mittelpunkt der Hauptstadt und bis zum Ausbruch des Krieges Sitz der 
österreichisch-ungarischen Botschaft beim Quirinal zum Bankhaus der „lateinischen Gemeinschaft" 
stempelte. Der Kaufpreis betrug 4 Millionen Lire; das der Regierung innerhalb zweier Monate zu 
stehende Vorkaufsrecht wurde nicht ausgeübt. 
Die Gefährdung des deutschen Kulturbesitzes in Italien 
In der „Neuen Zürcher Zeitung" (24. IX. 16) wurde die Zukunft der deutschen Institute 
für Kunst und Wissenschaft erörtert, die in Italien bestehen und die infolge der italienischen 
Kriegserklärung an Deutschland der Gefahr der Beschlagnahme ausgesetzt sind. Die Bedeutung dieser 
Frage ist, so führt der Verfaffer des Artikels auS, so groß, „daß sie auch bei den an dem Problem 
nicht direkt beteiligten Völkern das regste Interesse erwecken muß. Dienten diese Institute doch 
keineswegs ausschließlich den Deutschen, sondern sie hatten eine eminente Bedeutung für die wifferr- 
schaftliche Allgemeinheit. Von der Gründung dieser Institute bis zum Eintritt Italiens in den 
Weltkrieg hatte das Königreich Italien ihnen den weitestgehenden Schutz und Privilegien aller Art 
gewährt. Diese Handlungsweise hat das offizielle und das nichtoffizielle Italien stets als eine be 
sondere Ehrenpflicht angesehen: war doch durch diese Schöpfungen der Ewigen Stadt jener universelle 
Charakter wiedergegeben worden, den sie einst als Zentrale des alten römischen Weltreiches, dann 
als jene der katholischen Welt erhalten hatte." 
Unter dem so charakteristischen Besitz werden genannt: das kaiserlich deutsche Archäologische Institut 
in Rom mit seiner wertvollen Sammlung und Bibliothek, das königlich preußische Historische In 
stitut in Rom, das „zwar nicht von der deutschen Botschaft beim Quirinal, sondern von der rechtlich 
durch den Krieg nicht in Mitleidenschaft gezogenen preußischen Gesandtschaft beim päpstlichen Stuhle 
ressortierte"; ferner die Villa Falconieri in Frascati, seit der Schenkung durch den Berliner Bankier 
Mendelssohn-Bartholdy Eigentum des deutschen Kaisers und von diesem zum Erholungsheim für 
deutsche Künstler und Gelehrte eingerichtet, und endlich die Serpentara, jener Eichenhain beim 
Sabinerdorf Olevano, der mit den Erinnerungen der deutschen Künstlerkolonie in Rom so eng ver 
bunden ist. Damit ist allerdings die Aufzählung deutscher staatlicher kultureller Besitzungen nicht 
erschöpft. Das Schweizer Blatt beschließt seine Befürchtungen und Hoffnungen folgendermaßen: 
„Nachdem man die Marmorplatten am Kapitol entfernt hat, welche die Besuche der deutschen 
Kaiser in Rom verewigten, nachdem man die an Kaiser Friedrichs Leidenszeit am Strand der blauen 
Küste erinnernden kunstvollen Bronzetafeln an der Villa Civio in San Nemo und am Bahnhof von 
Sampierdarena (hier fand das letzte Zusammentreffen statt zwischen König Humbert und dem schwer 
kranken nach Berlin zurückkehrenden Kaiser Friedrich) abzureißen beschloffen hat, droht auch den 
Bildwerken der Serpentara Vernichtung, um so mehr als die Tafel am Eingang des Hains besagt, 
daß er „Eigentum des Deutschen Reiches" sei. Und doch, fragen wir, sollte es nicht unter den
	        
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