Volltext: Der Völkerkrieg Band 13 (13 / 1918)

302 Italien und der Vatikan während des fünften Kriegshalbjahres 
forderung und gerechte Vergeltung, beschließt ein gestern veröffentlichtes Dekret: Der Palazzo 
Venezia in Rom ist alS Staatsgut zu betrachten. Die Minister des Aeuhern, des Innern, der 
Justiz und des öffentlichen Unterrichts werden die Inbesitznahme desselben regeln, nach Einräumung 
einer Frist, damit der Vertreter der Interessen Oesterreich-UngarnS alle Dokumente, Archive, sowie 
alles bewegliche Gut der österreichisch-ungarischen Botschaft beim Hl. Stuhl anderswohin verbringen 
lassen kann. Diese Frist darf nicht über den 31. Oktober 1916 hinausgehen." 
Dazu wurde der „Neuen Zürcher Zeitung" (28. VIII. 16) aus Mailand geschrieben: „Die Beschlag 
nahme des Palazzo Venezia bildet einen Vorgang, der selbst in diesem Kriege mit seinen unerhörten 
Rechtsbrüchen ohne Präzedenzfall ist. Keine andere Regierung hat bisher den Sitz einer feindlichen, 
früher bei ihr akkreditierten Vertretung beschlagnahmt. Ferner ist hervorzuheben, daß der Palazzo 
Venezia Sitz der österreichischen Botschaft beim Vatikan und daher durch das Garantiegesetz besonders 
gesichert ist. Nur daS Archiv der Botschaft beim Quirinal war wegen Raummangels, der im Palazzo 
Chigi, deren Sitz, herrschte, aushilfsweise im Palazzo Venezia untergebracht." 
30. August 1916. 
Das österreichisch-ungarische Ministerium des Aeußern hat die königliche spanische 
Botschaft am Quirinal bitten lassen, namens der österreichisch-ungarischen Regierung beim Kabinett 
in Rom wegen der Konfiskation des Palastes der österreichisch-ungarischen Botschaft beim Heiligen 
Stuhl folgenden Protest zu überreichen: 
„Mit dem italienischen Dekret vom 25. August 1916 wurde der unter dem Namen Palazzo Venezia 
bekannte Palast der österreichisch-ungarischen Botschaft beim Heiligen Stuhl für italienisches Staats 
eigentum erklärt und die österreichisch-ungarische Regierung unter Festsetzung einer Frist aufgefordert, 
den Palast zu räumen. Obwohl Italien schon hinlänglich Beweise gegeben hat, daß eS vor keinem 
noch so schweren RechtSbruch zurückscheut, wenn es gilt, seine Begehrlichkeiten zu befriedigen, so kann 
die österreichisch-ungarische Regierung doch nicht umhin, gegen den neuerlichen Gewaltakt, dessen sich 
die italienische Regierung schuldig gemacht hat, aufs entschiedenste Verwahrung einzulegen. 
Die österreichisch-ungarische Regierung hält es unter ihrer Würde, auf die teils lügenhaften, teils 
lächerlichen Vorwände einzugehen, mit welchen Italien jene Freveltat zu bemänteln sucht, und sie 
beschränkt sich darauf festzustellen, daß die italienische Regierung vor demagogischen Umtrieben auch 
dann zurückweicht, wenn sie damit feierlich verbrieften Verpflichtungen ins Gesicht schlägt. Im 
Friedensvertrag vom 30. Oktober 1666 hat Italien daS Eigentumsrecht Oesterreichs am Palazzo 
Venezia ausdrücklich anerkannt, nachdem schon in der Konvention mit Frankreich vom 24. August 1866 
die Unantastbarkeit dieses Rechtes ausgesprochen worden war. DaS italienische Dekret vom 25. August 
widerspricht aber nicht weniger den italienischen Gesetzen selbst, die den zum Heiligen Stuhl ent 
sendeten Vertretern der Mächte alle Privilegien zuerkennen, wie sie den beim italienischen Hof be 
glaubigten Diplomaten zustehen. Die Vertreibung der österreichisch-ungarischen Botschaft beim Heiligen 
Stuhl aus dem Palast, wo sie ihren Sitz hatte, verletzt in gleicher Weise die Prärogativen Seiner 
Heiligkeit des Papstes wie das Recht Oesterreich-Ungarns. Indem die österreichisch-ungarische Re 
gierung erklärt, daß sie das Dekret vom 25. August als null und nichtig betrachtet, behält sie sich 
vor, alle ihr in dieser Angelegenheit geeignet erscheinenden Maßnahmen zu treffen." 
Der italienische Minister des Aeußeren, Sonnino, verweigerte die Annahme des Protestes, der 
wegen seiner „beleidigenden und trivialen Ausdrücke" keine Antwort verdiene. (!) 
22. September 1916. 
Der Kardinalsstaatssekretär Gasparri hat an alle diplomatischen Vertreter des Heiligen 
Stuhls eine Zirkularnote gerichtet, die folgenden Wortlaut hat: „Der unterfertigte Staatssekretär 
Seiner Heiligkeit erlaubt sich, die Aufmerksamkeit Eurer Exzellenz auf den Erlaß vom 26. August 1916 
zu lenken, in dem die königliche italienische Regierung beschlossen hat, daß der Palazzo Venezia mit 
dem Tage der Veröffentlichung dieses Erlaffes Staatseigentum wird. Die Polemik, die sich in dieser 
Angelegenheit in den vorhergehenden Tagen im Einverständnis mit der italienischen Regierung ent 
wickelte, hat diese schwere Maßnahme voraussehen lassen, da die Regierung, obgleich sie es konnte, 
diese Polemik nicht verhinderte. Erst am 26. August um 10 Uhr wurde der Heilige Vater von dem 
Auftrag der italienischen Regierung nur verständigt. Er unterließ nicht, seiner Mißbilligung über 
die schon vollendete Tatsache Ausdruck zu geben. 
Der Heilige Stuhl will nun jetzt nicht prüfen, ob die im genannten Erlaß angeführten Gründe 
genügen, um die Besitznahme des Palazzo Venezia gegenüber dem moralischen Gesetz wie dem inter
	        
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