Volltext: Der Völkerkrieg Band 13 (13 / 1918)

D i e russische Sommeroffensive 1916 
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Auch die Versuche, an den letzten Angriffstagen, den Schwerpunkt mehr nach Norde« 
gegen den Stochodlauf östlich Kowel zu verlegen, blieben ohne Erfolg. Neue Truppen 
waren herangeschleppt, die Gardekorps nach Osten an den Stochod verschoben worden. 
Erbitterte, unerhört heflige Angriffe besonders im Gelände bei Smolary brachen unter 
furchtbaren Verlusten zusammen. 
Am 1. August wollte der Gegner bei Kistelin noch einmal den Durchbruch erzwingen. 
Zu sechs Angriffen wurde die Truppe schonungslos vorgetrieben, in sechs Angriffen 
brach fie blutend zusammen. Nördlich der Bahn aber herrschte am 1. August teilweise 
eine unheimliche Ruhe. Die russische Infanterie hat dort anscheinend dem Angriffs 
befehl den Gehorsam verweigert. Ein Schlaglicht beleuchtet das Geheimnis dieser Ruhe: 
„An den Führer der 5. Kompanie Regts. 309: Wenn die Kompanien nicht augenblicklich 
vorgehen, so gab der Divisionskommandeur sein Wort, die Kompanieführer vor Gericht 
zu stellen und die Kompanien unter Maschinengewehrfeuer zu nehmen. Unterschrift: 
Der Kommandeur des II. Bataillons.* 
Am 2. August griff der Feind im allgemeinen nicht an. Auch am 8. August herrschte 
im wesentlichen die Ruhe der Erschöpfung. Nur in der Nacht zum 2. August hatte 
der Feind einen kräftigen Vorstoß gegen das Gelände südlich von Rudka Mirynska 
unternommen, der völlig mißglückte. Fluchtartig wichen die Russen zurück und ließen 
in diesem kaum 2 Irin breiten Streifen 800 (gezählte) Tote liegen. Ihre Gesamtzahl mag 
in dem teilweise durch hohes Getreide unübersichtlichen Gelände erheblich höher gewesen 
sein. Von 2 Bataillonen des russischen 8. Schützenregiments kehrte» 162 Mann, vom 
ganzen 7. Schütze nregiment nur 2 Kompanien zurück. 
Aber den Führer des I. turkestanischen Armeekorps packte am 3. August ein un 
bezähmbarer Ehrgeiz, Kowel mit seinen Truppen allein zu nehmen. Er setzte seine 
Kräfte zu einem starken Angriff an, brach bei Rudka Mirynska in die dortigen öster 
reichischen GräbkN ein und begann sich in einer Brückenkopfstellung zu befestigen. 
Preußische und bayerische Truppen sahen den Schanzarbeiten nicht lange untätig zu, 
schritten von Westen und Norden zu einem frisch durchgeführten Gegenangriff und jagten, 
unterstützt durch ein sich ausgezeichnet schlagendes Polenbataillon, die Turkestanen über 
den Fluß zurück. Die verlorene Stellung war sofort wiedergewonnen, und der Ehrgeiz 
des Generals jenes Armeekorps kühlte sich auf dem rechten Ufer wohl wieder ab. 
Nun wird der russischen Armee als zweiter Angriffstermin zum Durchbruch nach 
Kowel der 7. August als Parole eingehämmert. Trübes regnerilches Wrtter verzögert 
den Beginn des zweiten Ansturms auf das befohlene Operationsziel um einen Tag. Am 
8. August aber leitet heftiges Trommelfeuer den zweiten Akt des heißen Ringens um 
Kowel ein. General Brulsilows Angriffsmethode feiert jetzt ihren Triumph: am Vor 
mittag gegen ll Uhr stürmt der Feind nach starker Artillerievorbereitung wieder gegen 
Vorwerk Leonowka bei Kisielin. In sechs Wellen, wieder mit nachfolgenden Gruppen» 
kolonnen, wälzt sich die Sturmflut heran. Die vorderen Wellen werden von Offizieren 
geführt, die Hinteren Wellen durch Offiziere — w e deutlich erkennbar — mit ge 
schwungenen Peitschen getrieben. Vielleicht versprach sich der ruistsche Führer eine größere 
„moralische* Wirkung dieser Henkersarbeit, wenn sie von 0|fi 4 ieien statt wie sonst von 
Kosakenhorden ausgeübt wurde. 
Weiter südlich hatten sich gleichzeitig heftige Angriffe gegen die dort mit deutschen 
Truppen vermischten k. u. k. Verbände entwickelt. Ueberlegener Feind drückte nordwestlich 
Liniow österreichische Stellungen ein, wurde aber durch sofortigen Gegenstoß deutscher 
Truppen in seine Ausgangsstellungen zurückgeworfen. 
Auch auf dem linken Flügel unserer Front entbrennen neue und heiße Kämpfe. Das 
l- Gardekorps setzt hier nach kurzer Ruhe seine beiden Divisionen zu wütenden Sturm-
	        
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