Volltext: Der Völkerkrieg Band 13 (13 / 1918)

154 Die Ereignisse an der Ostfrontim sünften Kriegshalbjahr 
Zeugen der besonnenen Ruhe unserer Truppe und des todesmutigen Ansturmes unseres 
Gegners. In zerfetzten blutigen Klumpen liegen und hängen ste dort im Stacheldraht, 
die zerrissenen Ueberreste tapferer russischer Infanterie. 
Am Nachmittag zerschellte unter äußerst schweren Verlusten der erste gegen Kisieli« 
vorgetragene Angriff. Brussilows Methode: unbarmherziges Vorpeitschen dichter Massen 
kam hier zur vollen Entfaltung. In drei dichten Angriffswellen mit folgenden Gruppen 
kolonnen, mit nachdrückenden weiteren 20 Angriffswellen soll Ki sielin genommen werde«. 
Pie 23 Wellen und die Gruppenkolonnen werden nutzlos hingeopfert und zerstäube« 
in blutige Einzelhaufen. Der gleichzeitig von Südosten angesetzte Angriff bricht scho« 
im Sperrfeuer zusammen. Ein 4 Uhr nachmittags erneuter Ansturm wirb wie der 
erste blutig und restlos abgeschlagen. Auch am 30. Juli brechen alle Angriffe vor dev 
Hindernissen nieder. Drei am nächsten Tage mit aller Wucht unternommene Anstürme 
gegen das im Gelände von Kisielin auf beherrschender Höhe liegende Vorwei k Leonowka 
führen keinen Schritt vorwärts und erleiden das Schicksal der vorhergegangenen. 
Inzwischen hat sich der allgemeine Angriff längs der ganzen Stochodlinie nach Norde« 
ausgedehnt. Von Süden, Südosten und Osten drückt der Russe gegen die Front und 
sucht die schwache Stelle zum Durchbruch nach Kowel. 
Im Stochodabschnitt Liniewka—Janowka fäibt sich das Waffer von dem Blut der 
verwundeten und toten Opfer, die General Brusstlow vergeblich vortreiben ließ. Süd 
lich Janowka gelingt den Russen ein Einbruch. Die hier dünne Verteidigungslinie 
wird in der Nacht zurückverlegt. 
Das am Stochod östlich von Kowel stehende österreichische Korps weist in schwere« 
Kämpfen alle Angriffe unter größten Verlusten für den Gegner ab. Nur nö dlich vo« 
Zarecze dringt der Russe aus das linke User und gräbt sich in den Sandbünen ein. 
Truppen einer bayerischen Tivision treiben andere über den Fluß vorgestoßrne feind 
liche Bataillone in wildem unerbittlichen Gegenstoß zurück und bereiten ihnen nasse 
Massengräber im Stochod. 
Der dritte Tag des allgemeinen Angriffs auf Kowel bricht an (30. Juli). Die auf 
gehende Sonne beleuchtet Leich«nfelder vor unseren Hindernissen längs der ganze« 
Front und zieht den nächtlichen Schleier unbarmherzig von qualvollen Todeskämpse« 
der im Sumpf und Wasser erstickenden und ertrinkenden Angreif r. Sie leuchtet aber 
auch über den Tag, an dem der B> freier Ostpreußens zum Oberbefehlshaber über die 
gesamte deutsch-österreichische Ostfront vom Rigaischen Meerbusen bis Wolhynien aus- 
rrsehen wurde. Genera feldmarschull von Hindenburg triit dem General Brusstlow 
gegenüber. «.Die Schlacht ist eine Studie für den Feldherrn. Wer wird der Klügere 
sein — du oder er?* — So kennzeichnete einst der Oberbefehlshaber den Geisteskamps 
zweier Feldherren gegeneinander, deren Gedanken sich in blutige Taten umsetzen. 
Ein neuer Faktor tritt mit dem Oberbefehlshaber in das wechselvolle Spiel des Aus 
gleiches der gegenseitigen Kräfte; General Brusstlow stützt sich aus den Druck der i« 
Bewegung gesetzten, durch unerschöpfliches Menschenmaterial auszufüllenden Masse. 
Der Feldmarschall vertraut dem unerschütterlichen Siegeswillen eines seit zwei Jahre« 
gegen zahlenmäßige Uebermacht kämpfenden Heeres, das zusammen mit dem ganze« 
Volk unbeirrt durch alle Wechselfälle des Krieges an seinen Feldherrn glaubt. 
Die beiden folgenden Tage (31. Juli und 1. August) bringen den Abschluß des erste« 
allgemeinen Angriffs gegen den Stochod. Der erste Akt der Schlacht von Kowel endet 
für den Gegner mit einem großen Schuldkonto: geringer Raumgewinn, vereinzelte, i« 
keinem strategisch verwertbaren Zusammenhang flehende örtliche Erfolge — bezahlt mit 
selbst für Brussilows Führung unerhörten Blutopsern. Nicht ein einziger entscheidender 
Schritt vorwärts auf dem Wege nach Kowel!
	        
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