Volltext: Der Völkerkrieg Band 13 (13 / 1918)

114 Die Ereignisse an der Ostfront im fünften Kriegshalbjahr 
Ziel der Erreichung deS Bahnknotenpunkts Stanislau, als auch in Wolhynien mit 
dem Ziele des Durchbruchs in der Richtung der Bahnlinie Lemberg—Zloczow und der 
Eroberung Kowels. Wieder wurden mit größter Rücksichtslosigkeit für das Menschen 
material Sturmwellen auf Sturmwellen nach und mit Artillerievorbereitung vorgeworfen, 
ohne irgendwelche bedeutenderen Erfolge zu erzielen. Nördlich des unerreichbar gebliebenen 
eigenen Zentrums scheiterten alle an verschiedenen Stellen mit äußerst starken Kräften 
durchgeführten Angriffe. Die Stochodlinie blieb, mit Ausnahme deS vorspringenden 
Bogens östlich von Kowel, wo Linsingen gegenüber General Lesch die Verteidigung aus 
freiem Entschluß in die kürzere Sehne verlegen mußte, fest in der Hand der Verbündeten. 
Auch die Truppen der k. u. k. Generale Fath und Tersztyanszky, westlich Luck 
gegen General Kaledin, wiesen die heftigsten Anstürme ab, bis sich hier ein Nach 
lassen des russischen Druckes bemerkbar machte. Ebenso hielt die Armee Böhm- 
Ermolli, die rechte Flügelarmee der Front Hindenburg, die nördlich und südlich der 
Straße Brody—Lemberg in schwere Kämpfe verwickelt etwas zurückwich, gleichwohl ihre 
Front. Das Bemühen Sacharows, in blutigem Ringen, mit dem Mittelpunkt Zalosce, 
nach Lemberg durchzustoßen und zwischen die beiden großen Fronten der Mittelmächte, 
zwischen Hindenburg und Erzherzog Karl Franz Joses einen Keil zu zwängen, blieb vergeblich 
Der sich daran anschließende linke Flügel der Front des Erzherzogs, die Armee 
Bo ihm er, hatte einen schweren Stand, schlug sich aber unvergleichlich. Sie gab 
die Strypastellung erst aus, als die Russen am Dnjestr ihre Flanke mit Umfassung 
bedrohten. Hier im Dnjestrgebiet gewannen die Russen — auf dem nördlichen Ufer 
Scherbatjew, der gegen Bothmer frontal zunächst nichts ausrichtete, und an dem 
südlichen Leschitzky, der ungestüm und durch große Nachschübe verstärkt über Stanislau 
hinaus vordrängte — ziemlich an Raum. Zwischen Dnjestr und Pruth hatte General 
oberst v. Köveß das Kommando über die in der Linie Delatyn—Ottynia—Jezierzany 
stehenden Truppen übernommen und den mit mindestens vierfacher Uebermacht durch 
geführten Ansturm der russischen Angriffsstaffel, die 3 frische transarmenische Divi 
sionen als Kern und zahlreiche Artillerie aller Kaliber mit sich führte, zum Stehen ge 
bracht. Trotzdem erschien es, wie Walter Oertel im „Neuen Wiener Tagblatt" (26. VIII. 16) 
berichtete, zweckmäßig, „den Frontabschnitt Ottynia—Tlumacz zurückzunehmen, dann, 
als die Ruffen rasch nachdrängten und sich zu neuem Hauptschlag rüsteten, auch die neue, 
bis zum 7. August gehaltene Linie zu räumen und langsam von Stellung zu Stellung 
zurückzuweichen. So ging die Armee hinter die Nadwornanska und dann hinter die 
Bystrzyca zurück. Stanislau wurde geräumt und erst nachdem die nötigen Nachschübe 
heran gerollt waren, aus dem westlichen Bystrzyca-Ufer, das schon zur Verteidigung her 
gerichtet war, die Taktik des elastischen Ausweichens aufgegeben und der russische An 
sturm erwartet. Der mit außerordentlicher Wut geführte Angriff zweier russischer Divi 
sionen am 12. August westlich der Bystrzyca-Solotwinska, dessen Schwerpunkt südlich 
Stanislau lag, wurde vor allem von der österreichisch-ungarischen Division derart blutig 
abgewiesen, daß von einzelnen Kompanien der angreifenden russischen Regimenter nur 
20 Mann zurückkamen. Ein Versuch kaukasischer Reiterei, im Raume nördlich von 
Stanislau die Division zu umfaffen, endete mit völliger Vernichtung der Russen. 
Mit dem siegreichen Kampfe vom 12. August 1916 hatte nunmehr die gesamte Periode 
des Rückzuges ihr Ende erreicht, eine rückgängige Bewegung, die so geschickt durchgeführt 
worden war, daß die Ruffen, durch schwache Nachhuten getäuscht, oftmals erst nach 24 
Stunden die Räumung der Stellungen bemerkten. Und so oft die Ruffen diese planmäßige 
Zurücknahme der Front der Verbündeten als einen von ihnen erzwungenen Rückzug aus 
legten und demgemäß den Versuch machten, die zurückgehenden Truppen durch Mafsen- 
sturm zu überrennen, wurden sie stets rasch und blutig über ihren Irrtum aufgeklärt."
	        
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