Volltext: Der Völkerkrieg Band 13 (13 / 1918)

112 Das Deutsche Reich während des fünften Kriegshalbjahres 
aber durch Lehrerinnen ausgefüllt, die sich bewährt hätten. In den höheren Schule» 
Preußens habe sich die Frequenz der obersten Klassen wie folgt gestellt: 
Obersekunda Unterprima Oberprima 
1. 2. 1914 .... 15009 12069 10256 
I. 2. 1915 .... 11500 6 762 950 
1. 2. 1916 .... 12 290 7 900 1 900 
An den Universitäten seien 1916 eingeschrieben: 28000 männliche und 4000 weibliche 
Studenten. (Anwesend 6968 Männer, 4000 Frauen, 469 Ausländer.) Für aus dem Kriege 
zurückkehrende Studenten sowie Abiturienten sollten besondere Kurse eingerichtet werden. 
In der inneren Verwaltung knüpfte man wieder an die Bestrebungen vor dem 
Kriege, eine Reform und Vereinfachung des Verwaltungsapparates vorzunehmen, an. 
Endlich muß auf die beginnende Neuorientierung auf dem Gebiete der preußischen 
Polenpolitik hingewiesen werden. Anfang November 1916 teilte die „Gazeta Narodowa", 
ein neubegründetes politisches Organ in Posen, mit, daß die preußische Polengesetzgebung 
einer gründlichen Revision unterzogen werden würde. Gegenwärtig würden die anti 
polnischen Gesetze nicht mehr angewandt, von der Enteignung sei keine Rede mehr, und 
das Ansiedlungsverbot existiere in der Praxis nicht mehr, da die Regierung die Genehmi 
gung zur Errichtung von Wohnstätten nicht mehr verweigere. Das polnische Blatt zog 
daraus die Folgerung, daß sich nun auch das Verhalten der Polm zur preußischen Re 
gierung ändern müsse. DaS war wenige Tage nach der Zweikaiser-Proklamation in 
Warschau, die das frühere Kongreßpolen zum selbständigen Königreich Polen erklärte. 
Bereits am 17. November brachten die beiden konservativen Parteien und die National 
liberalen im Abgeordnetenhaus« einen Antrag rin, der dagegen Einspruch erhob, daß 
dem Landtage keine Gelegenheit zur Meinungsäußerung vor der Proklamierung deS 
selbständigen Königreichs Polen gegeben worden sei, und schloß: „Das Haus der Ab 
geordneten erklärt schon heute keine Regelung der innerpolitischen Verhältnisse in der 
deutschen Ostmark für möglich, die geeignet wäre, den deutschen Charakter der mit 
dem preußischen Staate unlösbar verbundenen und für das Dasein und für die Macht 
stellung Deutschlands und Preußens unentbehrlichen östlichen Provinzen irgendwie zu 
gefährden.* Als dieser Antrag im Abgeordnetenhaus zur Sprache kam, erwiderte der 
Minister des Innern von Loebell, daß die künftigen Entschlüsse der Regierung von 
Wohlwollen für die polnische Bevölkerung getragen sein würden. Aber der Schutz und 
die Erhaltung des Deutschtums, deutschen Lebens und Wesens in den Gegenden, wo 
Deutsche und Polen zusammenleben, würde die Ausgabe des preußischen Staates bleiben, 
die er zu erfüllen habe für das deutsche Volk, für deutsche Kultur, für deutschen Geist. 
Die Polen gaben durch den Abgeordneten Styczinski eine programmatische Er 
klärung ab, in der sie unter anderem sagten: Das Manifest der Kaiser erfülle die 
Polen mit Genugtuung, weil es aus dem Bewußtsein der Notwendigkeit entstanden 
sei und das Recht des polnischen Volkes auf Gründung eines selbständigen Staates im 
Prinzip anerkenne. Indessen seien die vielfach geäußerten Bedenken und Befürchtungen, 
daß noch ein Teil des polnischen Volkes im Besitze der Zugehörigkeit zu anderen Staaten 
bleibe und daß bei diesem Teile die Freiheit nur eine nominelle sein werde, durch den 
vorliegenden Antrag vollauf bestätigt worden. Angesichts dieser Tatsache legen sie gegen 
diesen Antrag feierlichen Protest ein. Der Antrag wurde schließlich mit 180 gegen 
104 Stimmen bei 3 Stimmenthaltungen angenommen. 
Abgesehen von Preußen, wurden ganz besonders im Königreich Sachsen sowie in den 
Großherzogtümern Mecklenburg-Schwerin sowie Mecklenburg-Strelitz, den beiden einzigen 
deutschen Bundesstaaten, die noch immer keine konstitutionelle Verfassung hatten, inner 
politische Reformwüusche rege.
	        
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