Volltext: Der Völkerkrieg Band 13 (13 / 1918)

Die innere deutsche Politik im fünften Kriegshalbjahr 97 
Im Plenum des Reichstages konnte der Reichskanzler sich natürlich nicht über 
die tieferen Absichten seiner Politik äußern, um nicht vor dem feindlichen Auslande seine 
Karten aufzudecken. Wohl aber nahm er Anfang Oktober 1916 im Hauptausschufse des Reichs 
tages Gelegenheit, in streng vertraulichen Verhandlungen den Mitgliedern des Parlaments 
über die Zwecke und Ziele der Regierungspolitik Aufklärung zu geben. Im Dezember 
gab er dann im Reichstage das Friedensangebot an die feindlichen Mächte bekannt 
und im Januar 1917, als das Friedensangebot überall aus eine höhnische Ablehnung 
gestoßen war, bekannte auch er sich zur Notwendigkeit, nunmehr den uneingeschränkten 
llntersecbootskrieg einzuleiten. Da das die Erfüllung der alldeutsch-konservativen Forder 
ungen bedeutete, so hätte man annehmen müssen, daß jetzt der persönlich zugespitzte Kampf 
um den Kanzler aufhören werde. Das war aber nicht der Fall. Es trat zwar eine 
gewisse Pause in der Polemik ein, bald aber begann die Offensive gegen den Kanzler 
von neuem, vor allem als er der Sozialdemokratie, vom Standpunkt der Rechten aus 
gesehen, zu weitgehende Zugeständnisse machte und mehr und mehr der Verwirklichung 
der versprochenen innerpolitischen Neuordnung näher zu treten bereit war. 
Der Kampf um die 0-Bootwaffe 
Der Kamps um die II-Bootwaffe, der einige Wochen lang ein wenig nachzulassen 
schien, da die Zensur mit Verboten einschritt, lebte trotzdem bald wieder auf. Am 
18. August 1916 sah sich das Organ der Regierung zu folgender Feststellung genötigt: „Seit 
kurzem wird, wie es scheint, in weiten Kreisen eine für schonende Kriegsführung gegen 
England eintretende Denkschrift verbreitet, mit der Behauptung, daß der Stellver 
treter des Reichskanzlers, Staatssekretär Dr. Helfferich, der Verfasser sei. Der 
Staatssekretär steht dieser Denkschrift gänzlich fern, dasselbe gilt für alle übrigen leitenden 
Persönlichkeiten. Es handelt sich hier offenbar abermals um eine jener infamen Treibereien, 
durch die eine kleine, aber skrupellose Clique immer wieder den haltlosen Versuch macht, 
gegen die Reichsleitung zu agitieren, als ob sie sich aus Schwäche und Verständigungs 
sucht scheute, gegen England die Kriegsmittel anzuwenden, durch die es in kurzer Zeit 
zum Frieden gezwungen werden könnte." Einen Monat später sah man sich zur 
Dementierung eines anderen umlaufenden Gerüchtes genötigt. In verschiedenen Blättern 
war die Nachricht verbreitet, daß zwischen dem Staatssekretär Dr. Helfferich und den 
6 großen Wirtschaftsverbänden, die seinerzeit jene vielbesprochene annexionistische Denkschrift 
(vgl.LVI,S>121) herausgegeben hatten, Verhandlungen schwebten. Danach wollten diese 
Verbände ihre Zeichnungen aus die bevorstehende Kriegsanleihe von Zugeständnissen der 
Reichsregierung in der II-Bootfrage abhängig machen. Trotzdem wurde die Propaganda 
dieser Kreise und all ihrer Anhänger im Reiche für den verschärften II-Bootkrieg unab 
lässig fortgesetzt. Mitte September trat in München ein „Volksausschuß für 
rasche Niederkämpsung Englands" mit einem Ausruf an die Oeffentlichkeit. Er 
hielt die Niederringung Englands nur durch die Mittel des Seekrieges für möglich. 
Die Erfahrung habe gezeigt, daß der Seekrieg unverhältnismäßig weniger Opfer koste 
als der Landkrieg, aber England habe die Zeit für sich, darum gelte es heute, alle 
Kräfte unseres Volkes zusammenzufassen zu dem einen Ziel: Rasche rücksichtslose Nieder- 
kämpfung Englands. Der nationalliberale Parteiführer Bassermann erklärte um 
dieselbe Zeit in einer großen Wählerversammlung zu Saarbrücken unter anderem: „Ich 
habe mit den meisten meiner Freunde die Bedeutung der Unterseebootwaffe darin ge 
funden, daß sie das Mittel war, England niederzuringen. Der Krieg ist aufgeschoben, aber 
nicht aufgehoben. Aufgeschoben nicht aus technischen, sondern aus politischen Gründen. 
Infolge des einen bekannten damaligen Einspruchs Amerikas. Ich meine und ich glaube, 
diese Meinung darf sich stützen auf Autoritäten, wie die des Großadmirals von Tirpitz, 
»»»«rtrie,. XX. 7
	        
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