Volltext: Der Völkerkrieg Band 13 (13 / 1918)

94 Das Deutsche Reich während des fünften Kriegshalbjahres 
Im September 1916 veröffentlichte Professor Coßmann in den von ihm heraus 
gegebenen „Süddeutschen Monatsheften" folgenden Briefwechsel zwischen dem Groß 
admiral v. Tirpitz und dem Reichskanzler von Bethmann Hollweg: 
„An den Reichskanzler. St. Blasien, den 6. August 1916. 
Ew. Exzellenz beehre ich mich von folgender Angelegenheit in Kenntnis zu setzen: 
Nach einer mir zugegangenen Mitteilung deS mir persönlich unbekannten Profeflors Coßmann in 
München hat der Profesior Veit Valentin auS Freiburg i. B. am 21. Juli 1916 vormittags diesem 
gegenüber in Gegenwart eines anderen Herrn Verdächtigungen gegen mich in bezug auf an 
geblich falsche Angaben seinerzeit in der II-Boot-Angelegenheit ausgesprochen. Hierbei hat er 
zu erkennen gegeben- daß er zurzeit im Auswärtigen Amte sei. 
Diese Unterredung ist protokollarisch aufgezeichnet worden. Professor Valentin hat diese Behaup 
tungen am selben Tage abends auch in Gegenwart deS ProfeflorS Erich MarckS wiederholt. Nach 
von mir eingezogenen Erkundigungen bei der Universität Freiburg ist Profesior Valentin seit längerer 
Zeit diätarisch bzw. kommissarisch im Auswärtigen Amt angestellt. 
Aehnliche Verdächtigungen meiner Person, und zwar besonders in bezug auf Angaben meines Ver 
treters im Bundesratsausschuß bei Beratung des Etats 1916 über die Zahl der verfügbaren 
H-Boote sind mir von den verschiedensten, darunter auch sehr hohen Stellen, zum Teil unter 
Berufung auf amtliche Informationen, zu Ohren gekommen. In einer dieser Angelegen 
heiten habe ich mich bereits genötigt gesehen, mich unmittelbar an Seine Majestät zu wenden. 
Da ich in dieser ernsten Zeit keine anderen Mittel anwenden möchte, mich derartiger infamer Ver 
dächtigungen zu erwehren, beehre ich mich, Ew. Exzellenz zu ersuchen, daS Erforderliche gegen 
den Professor Veit Valentin bzw. gegen den sonstigen Schuldigen zu veranlassen. 
Mit ausgezeichneter Hochachtung Ew. Exzellenz ergebener 
gez. v. Tirpitz, Großadmiral." 
Die Antwort des Reichskanzlers lautet: 
„Großes Hauptquartier, 22. August 1916. 
Ew. Exzellenz beehre ich mich, auf das gefällige Schreiben vom 6. d. anbei Abschrift einer Aufzeichnung 
des Leiters der Zentralstelle für Auslandsdienst, Botschafters außer Diensten, Freiherrn v. Mumm, sowie 
einer Aeußerung deS Professors Valentin über die von Ew. Exzellenz gegen ihn erhobene Beschwerde 
zu übersenden. Professor Valentin hat bei dieser Gelegenheit gegenüber dem Botschafter Freiherrn 
v. Mumm betont, daß seine vor seinem Dienstantritt am 21. Juli dieses Jahres in München gemachten 
Aeußerungen in einer privaten vertraulichen Unterhaltung gefallen seien und mit seiner Tätigkeit 
bei der Zentralstelle in keinerlei Zusammenhang ständen. Aus der Auszeichnung 
des Freiherrn v. Mumm wollen Ew. Exzellenz entnehmen, daß mir übrigens über den Professor 
Valentin auch hinsichtlich dieser seiner Tätigkeit keine Disziplinarbesugnisse zustehen würden. 
Ich habe Professor Valentin mitteilen lasten, daß seine Aeußerungen, die Angaben des Staatssekretärs 
v. Capelle über die Zahl der verfügbaren II-Boote seien wesentlich von denen Ew. Exzellenz abgewichen, 
den Tatsachen nicht entsprechen, daß vielmehr die von Ew. Exzellenz genannte Zahl der 
frontbereiten II-Boote die gleiche gewesen sei, wie die von dem Herrn Staatssekretär des Reichs 
marine-Amts angegebene. Eine weitergehende Aufklärung herbeizuführen bin ich nach Lage der 
Sache außerstande. gez. v. Bethmann Hollweg." 
Die Darstellung des Professors Valentin ist in folgendem Briefe enthalten: 
Berlin, den 11. August 1916. 
Zu der Beschwerde Sr. Exzellenz des Herrn Großadmirals v. Tirpitz habe ich zu bemerken: Ich 
befand mich am 21. Juli 1916 in München auf einer Reise nach Berlin, um meinen Universitäts 
lehrer Professor Erich Marcks zu besuchen. Auch ging ich zu Profesior Coßmann, einem alten Be 
kannten von mir. Professor Coßmann empfing mich in Gegenwart eines anderen Herrn im RedaktionS- 
zimmer der „Süddeutschen Monatshefte". Ich erzählte ihm, daß ich im Winter einen Auftrag vom 
Auswärtigen Amt gehabt hätte und jetzt wieder nach Berlin ginge. Darauf begann er ohne weiteres: 
„Wir in München haben, nachdem wir von der gegenwärtig en ReichSleitung fortgesetzt 
angelogen worden sind, das Vertrauen zu ihr völlig verloren; wir vermögen nur in 
einem neuen System, bei dem allein der Name Tirpitz bedeutet, die Möglichkeit einer Rettung Deutsch 
lands zu erblicken."
	        
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