Volltext: Der Völkerkrieg Band 13 (13 / 1918)

Die dritte Kriegstagung des italienischen Parlaments 295 
Inmitten dieser Entfesselung wilder Gewalt und unmenschlicher Ausschreitungen hat Italien weder 
seiner edelmütigen Mäßigung noch der Heiligkeit seiner Ueberlieferungen vergessen. ES hat nicht 
vergessen, daß eS das Vaterland ist des Völkerrechts und das Stammland der Zivilisation. Die 
Zurückforderung deS Palastes Venezia war geboten durch die italienischen Aspirationen. 
Dieser Akt, der vom geschichtlichen Standpunkte aus unanfechtbar ist, verletzt in keiner Weise die 
Garantiegesetze, die der italienische Staat selbst inmitten der Schwierigkeiten der gegenwärtigen 
Verhältnisse in peinlicher Weise beobachtet und die er unveränderlich weiter beobachten wird. 
In Libyen befolgt die Regierung eine Politik der Pazifizierung ohne übermäßige Vertrauens 
seligkeit. Ein großer Teil unserer Gefangenen wurde uns zurückerstattet und wir hoffen, auch die 
übrigen demnächst frei zu bekommen. Die italienisch-englische Konvention bedeutet das 
Zusammenwirken der beiden Nationen in Nordafrika und ihre Entschlossenheit, ein gemeinsames Ziel 
einträchtig zu verfolgen. Die italienische Regierung wird ihre feierlichen Verpflichtungen einhalten 
und die eingeborenen Notabeln Libyens teilnehmen lassen an der späteren Prüfung einer Zivil- und 
VerwaltungSorganisation." 
Der Ministerpräsident hob dann noch hervor, daß Italien ein Beispiel biete der edlen, festen und 
werktätigen Disziplin, die die Disziplin deS Sieges sei, schilderte die bürgerlichen Wohlfahrts 
einrichtungen und die im ganzen Lande herrschende Eintracht und betonte, daß die Lage der 
Staatsfinanzen trotz der gewaltigen Ausgaben gesichert sei. Die Emissionen von Schatzbons 
hätten am 30. November 4290 Millionen Lire überstiegen. Zugunsten der durch den Krieg heim 
gesuchten Bevölkerung und der mindestbesoldeten Staatsangestellten müßten neue Opfer gebracht 
werden. Die italienische Regierung habe die Beschlüsse der Pariser Wirtschaftskonferenz 
betreffend die Wirtschaftspolitik im Kriege, angenommen, sei dagegen keine Verpflichtungen bezüg 
lich der Handelspolitik nach dem Kriege eingegangen. Die Freiheit des Parlaments auf diesem 
Gebiete sei für künftige Beratungen vollständig gewahrt. Alle Handelsverträge Italiens mit anderen 
Staaten liefen 1917 ab. Boselli berührte dann die Abkommen mit England über Getreide-, 
Kohle-, Zucker-, Eisen- und Materialtransporte. Man dürfe sich die Schwierigkeiten nicht verhehlen, 
die sich aus dem allgemeinen Schiffsmangel ergäben. Daher komme die Notwendigkeit, den Ver 
brauch zu regeln und einzuschränken. Der Ministerpräsident versicherte, daß eS an Weizen nicht 
fehlen werde. Außerdem seien Maßnahmen getroffen worden zur Versorgung des Landes mit 
Kohle und zur Regelung und Beschränkung des Verbrauchs an anderen LebenSmitteln. Boselli 
drückte in dieser Hinsicht sein Vertrauen auf die Selbstverleugnung deS Volkes auS und schloß: 
„Die andauernden und freiwilligen Opfer werden uns den erwünschten Sieg gewähren. Dann 
wird das von unseren Vätern begonnene Werk vollendet sein. Dann werden neue Jahrhunderte des 
geistigen Lichtes, des Gedeihens und hoher bürgerlicher Würde für Italien kommen." 
Hierauf wurde die Sitzung der Kammer für einige Stunden vertagt, während deren 
Boselli feine Rede im Senat wiederholte. Die lange Rede des Ministerpräsidenten wurde 
kühl aufgenommen. Wenn auch zum Schluß der Beifall nicht fehlte, mangelte ihm doch 
fast alle Wärme. Kein einziger Deputierter erhob sich, um dem greisen Ministerpräsi 
denten die üblichen Glückwünsche auszusprechen. 
Nach Wiederaufnahme der Sitzung zeigte sich von neuem, wie wenig die Rede des 
Ministerpräsidenten Boselli die Kammer befriedigt hatte. Mehr als 50 Abgeordnete der 
verschiedensten kriegsfreundlichen Parteien, an ihrer Spitze Cappa, beantragten eine Ge 
heimsitzung der Kammer, damit die Regierung nähere Mitteilungen machen könne. 
Dann wurde die Sitzung nach einer Gedenkrede des Abgeordneten Barzilai aus die 
wegen Hochverrats in Oesterreich hingerichteten Italiener zum Zeichen der Trauer und 
zur Ehrung dieser sog. italienischen Märtyrer geschlossen. Vorher kam es aber noch zu 
einem heftigen Zwischenfall. Während die ganze Kammer Barzilai zustimmte, als er in 
flammender Rede der beiden Märtyrer des Krieges Battisti und Sauro gedachte, blieben 
die offiziellen Sozialisten unbeweglich auf ihren Sitzen, obschon Battisti ihrer Partei an 
gehörte. Dieses Verhalten gab Veranlassung zu heftigen Szenen, worauf die bürgerliche 
Presse die Regierung aufforderte, gegen die erklärten Feinde des Landes, das heißt die 
offiziellen Sozialisten, nicht nur mit Worten, sondern mit Taten vorzugehen.
	        
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