Volltext: Der Völkerkrieg Band 13 (13 / 1918)

TO Das Deutsche Reich während des fünften Kriegshatbjahres 
Die Verteurung der Zigarren führte dazu, daß das Publikum mehr als je zuvor die 
absolut billigeren Zigaretten bevorzugte. In der Zigarettenindustrie kam es zu einem 
Kartell der beiden großen führenden Verbände, der „Interessengemeinschaft deutscher 
Zigarettenfabrikanten", der etwa 65 % der gesamten Industrie und vor allem die Groß 
firmen angehörten, und der „Vereinigung deutscher Zigarettenfabriken", die die mittleren 
und kleinen Firmen umfaßte. In der Hauptsache wollte man durch diesen Zusammen 
schluß einen Einfluß auf die Preisgestaltung im kleinen Handel gewinnen. Von noch 
größerer Wichtigkeit war die Regelung der Boykottfrage gegen Händler, die eine 
Fabrikantenfirma boykottierten, die von beiden Verbänden gemeinsam ausgesprochen 
werden sollte. Dadurch verschob sich die Machtfrage zuungunsten des Zigarettenhandels 
und zugunsten der Zigarettenfabrikation. Auch die weitere Gestaltung der Zigarretten- 
preise wurde dadurch beeinflußt; sie begannen dauernd erheblich zu steigen. 
Die weitere Einschränkung der Kleidung 
Auf Grund der am 1. August 1916 vorgenommenen allgemeinen Bestandsaufnahme 
von Web«, Wirk- und Strickwaren wurde Anfang November eine neue Regelung 
der Bezugscheinpflicht für Kleidungsstücke aller Art vorgenommen, die eine weitere 
Streckung der vorhandenen Vorräte erzielen sollte. An Stelle der früheren Freiliste, die 
die von der Bezugscheinpflicht ausgenommenen Gegenstände enthielt, trat jetzt eine wesent 
lich gekürzte Liste. Die wichtigste Bestimmung dieser neuen Freiliste war die Aushebung 
der Preisgrenze für Konfektion, so daß in Zukunft kein sozialer Unterschied mehr gemacht 
wurde. Bis dahin konnten die vermögenden Verbraucher ihren Bedarf ohne Einschrän 
kung decken, da man den Absatz an hochwertiger Konfektion nicht hemmen zu dürfen 
glaubte. Eine Erleichterung in der Beschaffung teuerer Kleidungsstücke sah man aber 
auch jetzt noch insofern vor, als bei Abgabe gebrauchsfertiger alter Kleidungsstücke Be 
zugscheine ohne Prüfung der Notwendigkeit des Bedarfs erhältlich waren. Diese erleich 
terten Bezugscheine berechtigten zur Entnahme von Bekleidungsstücken über eine bestimmte 
Preisgrenze. Auf diese Weise wollte man es ermöglichen, daß die Luxus-Konfektion und 
feinere Maßschneiderei weiter bestehen konnte und zahlungsfähige Verbraucher nicht etwa 
billige, für die Allgemeinheit bestimmte Kleidung für sich verwendeten, sondern hochwertige 
Gegenstände kauften. Da die Militärbehörde mit dem Ausarbeiten alter Uniformstücke 
gute Erfahrungen gemacht hatte, sollte künftig auch getragene Zivilkleidung fü 
die ärmere Bevölkerung verwendet werden. 
Zwei Monate danach wurde auch die Bewirtschaftung der getragenen Kleidungs 
und Wäschestücke geregelt. Sie wurde den Kommunalverbänden übertragen, die das Ein 
und Verkaufsmonopol für diese Gegenstände erhielten. Fortan durste niemand mehr an andere 
als an behördlich zugelassene Stellen getragene Kleidungs- und Wäschestücke entgeltlich 
veräußern. Alle diese Maßnahmen der Reichsbekleidungsstelle wurden auch auf die 
Schuhwaren ausgedehnt, die nunmehr auch der Bezugscheinpslicht unterworfen 
wurden. Auch getragene Schuhwaren durften wie die Kleidungsstücke von jetzt an nur noch 
an die kommunalen Ein- und Verkaufsstellen abgegeben werden. Die unaufhörlich 
steigenden Preise im Schuhwarenhandel, die nicht so selten geradezu zu einem Schuh 
wucher ausarteten, veranlaßten die Gutachter der Kommission für Schuhwarenpreise zu 
umfangreichen Revisionen, die zahlreiche Verstöße ans Licht brachten. Ende Ja 
nuar 1917 wurde die Ausbesserung von Schuhwaren einer ähnlichen Preis 
beschränkung unterworfen, wie sie bisher schon für den Verkauf solcher Waren 
galt. Von der Festsetzung von Höchstpreisen nahm man allerdings mit Rücksicht auf 
die Verschiedenheit des Materials und die örtliche Schwankung der Löhne Abstand. 
Außerdem mußte der ausgebesserten Ware ein mit der Bezeichnung der Firma ver
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.