Volltext: Der Völkerkrieg Band 13 (13 / 1918)

Die wirtschaft!, u.soz. Organisation Deutschlands während des fünften Kriegshalbjahres 53 
Fischarten fast zu Luxusartikeln machten. Am 7. Oktober betrugen zum Beispiel in Berlin die 
Kleinhandelspreise für Schellfische das Pfund Mark 1,13 bis Mark 1,75, für Kabeljau 
Mark 1,00 bis 1,50. Schon am nächsten Tage, am 8. Oktober, waren die Preise für Schell» 
fische von Mark 1,50 auf Mark 2,06 gestiegen. Am 19. Oktober kosteten Schellfische bereits 
Mark 2,00 bis Mark 2,37 und Kabeljau Mark 1,75 bis Mark 2,20. Aehnlich bei den 
Räucherfischen, wo Steigerungen von 300 bis 800 % eintraten. Abgesehen von der 
Zurückhaltung der Ware, die vom Auslande kam, waren diese Vorgänge auch noch aus 
andere Erscheinungen zurückzuführen. Die Fleischknappheit hatte eine neue Industrie 
hervorgerufen, die die Fabrikation von Fischfleisch, Fischwurst und Fischbutter 
in großem Umfange aufnahm. Die Aufkäufer dieser Fabriken hielten stch ständig an den 
Fischplätzen für Seefische aus und kauften jede Quantität Schellfisch und Kabeljau, die 
nur irgend zu erhalten war. Aus den geforderten Preis kam es ihnen nicht an. Diese 
Fischfleisch-Fabrikanten, die ihre Erzeugnisse zuerst sehr billig anboten, gingen mit den 
Preisen ihrer Ware langsam in die Höhe, so daß auch dieses Fischfleisch Mitte Oktober 
Mark 2,50 das Pfund kostete. 
Die Reichsregierung hatte zunächst allen diesen unerfreulichen Vorgängen gegenüber keine 
glückliche Hand. Zwar setzte fie Richtpreise für die Preisbildung von Räucherfischen 
und Fischmarinaden fest, um Preistreibereien zu verhindern, aber die Folge davon war, 
daß diese Waren überhaupt vom Markte verschwanden. Dann schritt die Regierung 
dazu, den direkten Einkauf der Großräuchereien auszuschalten, ihnen die Ware zuzuteilen 
und fie nur noch für Lohnräuchereien arbeiten zu lassen. Gleichzeitig wurde ein 
Reichskommissar für Fischversorgung eingesetzt und ihm weitgehende Be 
fugnis zur Regelung des Absatzes und des Preises von Fischen und Fischkonserven 
eingeräumt. Unter anderem hatte er das Recht, Fischer und Händler zu Verbänden 
zusammenzuschließen. Anfang Dezember 1916 gestaltete sich die Zentralisierung der 
Einfuhr von frischen Fischen, wie folgt: Die frischen Heringe wurden durch die von den 
Firmen des Großhandels unter Führung der Zentraleinkaussgesellschaft begründeten 
„Frischheringseinfuhr-Gesellschaft" in Berlin bearbeitet, die im Auslande an den reichsten 
Mittelpunkten der Heringsfischerei eigene Einkaufsstellen eingerichtet hatte. Der von 
diesen Einkaussstellen gekaufte Hering wurde den Verteilungsstellen zugesandt, von denen 
stch je eine in den Mittelpunkten eines bedeutenden Produktionsgebietes der deutsche» 
Fischindustrie befand. Die Verteilungsstelle teilte einerseits dem Fischsanghandel, anderer 
seits dem fischindustriellen Betriebe ein bestimmtes Kontingent zu. Bei der Einfuhr der 
übrigen frischen Seefische erachtete man es für notwendig, die technischen und kaufmän 
nischen Organisationen der Fischmärkte für die Verteilung der empfindlichen Ware bei 
zubehalten. Aus diesem Grunde wurden von der Zentraleinkaufsgesellschaft unter dem 
Namen „Zentralfischmärkte" am Sitze der großen deutschen Seefischmärkte Verteilungs 
stellen geschaffen. An die Stelle der Auktion erhielten die am Sitze des Zentralfisch 
marktes ansässigen Firmen im Verhältnis ihrer Beteiligung am Geschäft der letzten Jahre 
einen Anteil der Zufuhren. Große, im Inland ansässige Importeure wurden dem nächst 
gelegenen Zentralfischmarkt angeschlossen. Trotzdem und alledem blieb die Fischversorgung 
der Bevölkerung nach wie vor völlig unzureichend. 
Die Kartoffelversorgung 
Wie schon angedeutet (vgl. S. 48), machte die Kartoffelversorgung auch in diesem Zeit 
abschnitte die größten Schwierigkeiten. Die Frühkartoffelversorgung, die den Städten 
für eine kurze Zeit einen reichen Ueberfluß an Kartoffeln gebracht hatte, war völlig miß 
glückt, so daß sich bereits nach wenigen Wochen eine sehr fühlbare Knappheit bemerkbar 
machte. Man hatte durch die Festsetzung sehr hoher Höchstpreise zwar einen starken An-
	        
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