Volltext: Der Völkerkrieg Band 13 (13 / 1918)

52 Das Deutsche Reich während desfünften Kriegshalbjahres 
Nach diesen statistischen Feststellungen konnte der Bevölkerung im ganzen Reiche auf 
Grund der am 2. Oktober 1916 eingeführten Reichsfleischkarte ein wöchentliches 
Quantum von 250 A auf den Kopf zugesichert werden. Allerdings ließ sich die Erfüllung 
dieser Zusage nicht sofort in allen Gemeinden erreichen. Andererseits kam man den 
Selbstversorgern weit entgegen, indem man ihnen das Schlachtgewicht des ausgeschlachteten 
Tieres nur zu einem Teil, zu 3 / 6 beim ersten Schwein, und einer Familie, die für sich 
schlachtete, nur die Hälfte anrechnete, um damit einen kräftigen Anreiz zur vermehrten 
Schweinehaltung zu geben. Hasen, Wild-Geflügel, Gänse und Enten unterlagen dieser 
reichsrechtlichen Regelung nicht. Sie konnten auch fernerhin ohne Karten gekauft werden. 
Sodann kündigte der Leiter der Reichsfleischstelle, Geheimrat vr. v. Ost er tag, die 
Anlegung erheblicher Gefrierfleisch-Rücklagen sowie die restlose Verarbeitung der Schlacht- 
abfälle an. Neben dem Fettbetrag der Reichsfleischkarte sollte Fett von Schweinen durch 
eine besondere Fettkarte abgegeben werden. 
Im Zusammenhange damit sei auch ein Blick aus die Gestaltung der Pferdefleisch- 
versorgung geworfen. Die Fleischknappheit und die Tatsache, daß Kartenzwang 
für Pferdefleisch nicht bestand, hatten die Nachfrage minderbemittelter Schichten der Be 
völkerung, besonders in industriereichen Gegenden, nach Pferdefleisch gesteigert. Die 
Folge davon war, daß die Preise im Kleinhandel fortgesetzt sehr stark stiegen. Es wurden 
Mitte Dezember 1916 in einzelnen Teilen des Reiches, besonders in Mitteldeutschland, 
1200 bis 1500 Mark für ein Schlachtpferd bezahlt, und für ein Pfund Fleisch im Klein 
handel Preise gefordert, die bis zu Mark 2,60 und sogar 3 Mark anstiegen. Infolge 
dessen erachtete es die Reichsregierung für zweckmäßig, Kleinhandelspreise von 
Mark 1,40 bis 1,80 für Pferdefleisch als Höchstpreise festzusetzen. Zugleich wurden d 
Gemeinden angehalten, den Absatz von Pferdefleisch und den Ankauf der Schlacht 
pferde selbst zu übernehmen und Sorge dafür zu tragen, daß ein Andrang zu den Ver 
kaufsstellen sowie eine ungerechte Verteilung unterblieben. 
Durch alle diese Maßnahmen war die Fleischversorgung ziemlich gut geregelt. 
Die Fischversorgung 
Im Herbst 1916 zeigte sich auf dem deutschen Fischmarkte eine große Kalamität. Die 
Fische waren für den Verbraucher fogütwieverschwunden. Dabei wurde bekannt, 
daß an der schwedischen Küste geradezu ungeheure Fischmengen gefangen worden waren, 
und daß die Fischer bei der Ueberfülle von Fängen einen Teil wieder ins Meer geworfen 
hatten. Es war die Vermutung nicht ganz von der Hand zu weisen, daß man aus diese 
Weise planmäßig die Warenzufuhr nach Deutschland begrenzen wollte, um sich die mög 
lichst hohen Preise auch weiterhin zu sichern. Die Reichsleitung sah sich denn auch ge 
nötigt, reglementierend einzugreifen. Bisher wurden die Kommunalverwaltungen durch 
die Vermittlung der von der Zentraleinkaufsgesellschaft begründeten und auch mit der 
Verteilung anderer Lebensmittel betrauten Bezirkszentrale bedient. Die Zentraleinkauss- 
gesellschaft hatte mit ungefähr 30 der größeren Heringsimporteure einen Einfuhrver 
trag geschlossen, der diesen Firmen bestimmte Verpflichtungen zur Abnahme und Weiter 
gabe auferlegte. Da nunmehr das Jmportquantum aus dem Auslande der Nachfrage 
in keiner Weise mehr genügte, so kündigte die Zentraleinkaussgesellschast kurzerhand die 
Jmportverträge, und die Verteilung der Heringe erfolgte jetzt ausschließlich durch das 
Kriegsernährungsamt direkt an die Gemeinden. Sämtliche eingeführte Fische und Fisch 
konserven mußten der Zentraleinkaufsgesellschaft gemeldet und ihr auf Verlangen geliefert 
werden. Nichtsdestoweniger kletterten die Fischpreise immer weiter in die Höhe. Während 
früher Schellfische für 40 bis 50 Pfennig und Kabeljau für 30 bis 40 Pfennig für das 
Pfund zu haben waren, mußte man jetzt, Mitte Oktober 1916, Preise anlegen, die diese
	        
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