Volltext: Linzer Hessen

Bisses wurden nun die Deckungen liingchlebt; von Daumen 
schön überschattet, waren sie auch den Fliegern unsichtbar. £s 
wäre dort gemütlich geworden, wenn nicht aus der anderen 
Seite des Tales gerade gegenüber dem Degimentskommando 
sich zwischen großen Felsblöcken eine Sebirgsbatterie einge¬ 
nistet hätte, die den Italienern höchst unangenehm wurde. 
Diese Nachbarschaft sollte für das ahnungslose Kommando 
fatal werden, denn eines sonnigen Morgens früh wurden die 
vewoliner der wohnlich gewordenen fatten durch ein rasen¬ 
des beulen und darauffolgenden furchtbaren krach keraus- 
gejagt. Line riesige schwarze Bauchwolke und ein schmettern¬ 
der Steinregen waren die Vesuchsanzeige einer schweren feind¬ 
lichen Kanonenbatterie, die den nachhaltigen versuch machte, 
der Sebirgsbatterie ein £nde mit Schrecken zu bereiten, flber 
die Leidtragenden waren das Degimentskommando, die Pio¬ 
nierabteilung und das Streifkommando. Den ganzen lag 
über bis in die sinkende Nacht kam alle fünf Minuten eine 
Schwere herangesaust. Nur dem Umstand, daß das Flach¬ 
bahngeschoß nicht imstande war, mitten auf dem fange zu 
landen, hatten es die dort mit sehr gemischten Sefühlen 
Dockenden zu danken, daß die Beschießung kein Menschen¬ 
leben kostete. Der Oberst hatte, als es feststand, daß die 
Beschießung länger dauern würde, die Pioniere und das 
Streifkommando ein Stück talab gegen flrstero gesandt, um 
aus der Sefahrenzone zu kommen, kr selbst und die Offi¬ 
ziere des Stabes mit einigen Ordonnanzen blieben jedoch zu¬ 
rück und ließen die Kanonade über sich ergehen. Mit größter 
BenauigKeit und dem Mute der Verzweiflung wurden in den 
ersten Stunden die kinschläge und Zeit Kontrolliert,' einmal 
saß der Treffer oben auf dem Kamm, dann wälzte sich der 
Bauch von dort und Knatterten die Steine herunter,' das 
andere Mal fuhr er ins Geröll des Bachbettes hinein und warf 
den Schotter hoch im Bogen hinauf zu den bei armseligen 
Steinriegeln Sitzenden. Langsam gewöhnte man sich an die 
Knallerei, die mit einer geradezu lächerlichen Präzision die 
Kläffende Sebirgsbatterie verschonte und nur das Begiments- 
Kommando beehrte. Lin Baum von vielleicht fünfzig 
Schritten flusdehnung fraß fanderte von Kilogramm Lisen, 
während es ringsum friedlich war. Die schwere Beschießung 
hatte überall wachsende flufregung verursacht, die Division 
fragte nervös an, die Front wurde lebendig und es ward 
schließlich ein recht unruhiger Tag. Die italienische Batterie 
sollte sich aber nicht sehr lange freuen: sie wurde krampfhaft 
gesucht und schließlich entdeckt, flm nächsten Tage wurde sie 
unter eigenes schweres Feuer genommen und verstummte für 
immer. 
* 
Um den Bückzug, der durch die inzwischen eingetretenen 
Ereignisse in Salizien notwendig wurde, möglichst rasch durch¬ 
zuführen, wurden unterhalb des Panzerwerkes Lornola über 
die Posina von der Pionierabteilung leicht zerstörbare Brücken 
gebaut. Lin Teil der Leute arbeitete an einer Behelfsbrücke 
für Karreten und Tragtiere, der andere an einem Kavallerie- 
Schnellsteg für die Fußtruppen, während Sappeure eine schon 
bestehende Brücke zur Sprengung vorbereiteten, flndere 
Sappeure saßen bei einem respektablen fagel von italienischen 
2S-Zentimeter-Beschossen und hämmerten an den Führungs¬ 
ringen, um die Beschösse unbrauchbar zu machen. Line an¬ 
sehnliche Menge dieser plumpen Brocken war für das Panzer¬ 
werk bestimmt, das am Morgen des Bückzuges in die Luft 
fliegen sollte. Unweit des Idglls arbeiteten Pioniere und 
Sappeure in Hemdärmeln und mit der pfeife im Munde, 
die sich durch nichts beirren ließen. Längs des Ufers 
stand eine 15-Zentimeter-faubihbatterie und feuerte auf die 
priafora. flls die ersten Schüsse krachten und das Fauchen 
der Beschaffe die flrbeit störte, sahen die Leute aus, beruhig¬ 
ten sich jedoch bald wieder, flber es dauerte nicht allzulange, 
als plöhlich über den Berg her ein tiefes Brummen hörbar 
wurde und schon fuhr mit krach und Sestank ein ganz 
schweres Beschoß in einen ziemlich nahen Talhang hinein. 
Der tiesschwarze Bauch und der Pulvergeruch ließen die er¬ 
fahrenen Leute erkennen, daß eine 2S-Zentimeter-faubihe die 
eigenen Häubchen zum Schweigen bringen wollte. 7m ersten 
Schrecken ob dieser unerwarteten flnrempelung hatten alle 
Leute ihr Werkzeug liegen und stehen gelassen, kinzelne 
wollten einen eiligen Bückzug über die Posina antreten, aber 
die Buhe der anderen und die Tatsache, daß der zweite 
Treffer nicht näher Kam, ließ sie rasch wieder zurückkehren 
und mit großem Interesse das anregende Schauspiel dieses 
Duells schwerer flrtillerie verfolgen. Die österreichischen Kano¬ 
niere standen mit aufgekrempelten sjemdärmeln in eiserner 
Buhe bei ihren Beschühen und Schuß auf Schuß fuhr aus den 
Bohren. Dazwischen dröhnte der flufschlag der flchtund- 
zwanziger, die den fang aufwühlten und pflügten, daß die 
krdknollen und Steine bis zu den Zusehern flogen. Uber eine 
Stunde dauerte der Kamps. Dann stellten unsere faubihen 
das Feuer ein, bald darauf auch die Italiener, die wahrschein¬ 
lich glaubten, die Batterie vernichtet zu haben. Den flrtille- 
risten wurde laute flnerkennung zuteil und etliche tiefe 
Schlucke aus den mitgebrachten thiantiflaschen bekräftigten 
die gute Kameradschaft zwischen dem Fußvolk und des Kaisers 
flrkeleg. 
Und über diese Brücke zogen in der Nacht zum 24. Zuni 
die Begimenter der Ldelweiß- und kaiserjägerdivision zähne¬ 
knirschend und ingrimmig nach Norden zurück, in dem Be¬ 
wußtsein unbesiegt das Feld räumen zu müssen, in dem so 
mancher gute Kamerad seine lehte Buhestätte gefunden. Lrst 
in den Nachmittagsstunden wagten feindliche Patrouillen die 
verlassenen und zerstörten Stellungen zu betreten. 
Noch heute, nach zwanzig Zähren, leuchten die flugen und 
schlagen die Herzen der Mitkämpfer rascher, wenn von der 
glorreichen Offensive bei Dielgereuth und Lafraun erzählt 
wird. 
Olga 
Von Zähnr. i. d. Bes. fllois Fridrich 
Hieß sie wirklich so? Vielleicht hieß sie Luise oder sonstwie. 
Ich weiß ja von der ganzen Beschichte nicht mehr, was Fieber¬ 
traum und was Wahrheit ist. In meinem Tagebuch konnte 
ich darüber nichts festhalten, lange nicht. Mein rechter flrm 
war arg zerschmettert und gleich den durchschossenen Beinen 
in starren Bips gebannt. Und als ich wieder schreiben konnte, 
war es zu spät, war die Lrinnerung in meinem sieberüber- 
hihten Behirn schon verwischt, flber das weiß ich: Sie war 
edel und voller Güte! Vielleicht war sie schön, schlank, hatte 
dunkles Haar und dunkle flugen, — vielleicht? Doch unver¬ 
geßbar ist mir, daß ihre flugen erfüllt waren von einem 
barmherzigen Schimmer, und daß ihre sjand so hilfreich war. 
Umfaßt dieses wissen nicht so viel des Buten, Laß es gar 
nicht darauf ankommt, wie ihr Körper und ihr flntlih ge¬ 
staltet waren und welchen Namen sie trug? 
Ich will sie Olga nennen! 
kaum ein Stück meines Leibes war heil geblieben, denn 
was die kugeln der Buffen verschont, war krank und wund 
von den Strapazen des Feldes, von den gualen des Trans¬ 
portes, von dem Zehren des Fiebers. So lag ich — hilf¬ 
los wie ein kleines Kind — im Beseroespitnl eines gali- 
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