Volltext: Linzer Hessen

aus. ver Fjimmd hob schon zu grauen an. Ls war k Uhr. Mit 
einem Teil meiner Kameraden, die ich beim flussteigen wieder 
gefunden, zog ich dem Markte perg zu. Va und dort krähte 
noch ein Hatzn. 
Ich verspürte nun einen ganz gewaltigen Hunger. Mit ein 
paar Kameraden suchte ich ein kleines Kaffeehaus auf, ein 
„Ischecherl" oder Beisel wie wir es nennen. Hort saßen 
wieder ein paar stark flngeheiterte. Mir bekamen warmen 
Kaffee und das war ja für uns die Hauptsache. Ich dachte an 
mein goldenes Mutter! und kramte mein Paket aus. Schneller 
als gedacht verging die Zeit, mit ihr die herrlichen Schinken- 
stükkerl und Srammelknödel von meinem goldigen Mutterl. 
Um acht Uhr ging die sogenannte „Stöllung" los. Ich 
machte mich jetzt mit meinen Kameraden auf den Meg zum 
„goldenen Ochsen", zum flssentierungslokal. fluf der lurmutzr 
schlug es jetzt halb neun. Pie flffentierung mußte schon be¬ 
gonnen haben. Mir beeilten uns und kamen gerade zurecht, 
als unsere Semeinde verlesen wurde. 
„Naderer Lranz" las der Sendarm auf der schmutzigen 
Stiege stetzend, die zum flssentlokal führte, „Hier!" und schon 
drängte sich einer von meinen Leuten durch, der Stiege zu. 
„Niederberger fllois", rief der Sendarm — „Hier!" „Nuß- 
baumer Johann." — „Hier!" „ölinger Johann." — „Hier!" 
schrie wieder einer. — Pa hörte ich meinen Namen... „Hier!" 
und rannte schon die Holztreppe hinauf den andern nach, 
flufgeregt riß ich im Vorzimmer meine Kleider herunter. 
Ja richtig, mein ärztliches Zeugnis, flch zu was dachte 
ich mir, das nützt ja so und so nichts und drum ließ ich es wo 
es war. Zetzn Mann standen wir nun ln Neitz und Slied 
aufgestellt und nun, nun ging's hinein, hinein vor die Kom¬ 
mission. 
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Pa saßen sie, meine Herren Mchter an einem langen lische 
und mit ihnen einige Schreiber. Mir klopfte anständig das 
Herz, flls zweiter von den zehn Mann kam ich an die Peche. 
Ver Herr Oberarzt guckte mich von oben bis unten an und 
untersuchte mich. Ich glaubte, mein Herz muß zerspringen, so 
fing's da drinnen zu Klopsen an. va plötzlich donnerte der Herr 
Major vom lisch herunter, daß ich erschrak — in solchen 
Momenten erschrickt man ja immer —: „was sind Sie denn 
von Perus...??" pause. Ich sagte schüchtern: „Schauspieler!" 
und ich dürste es doch zu wenig unschuldig herausgebracht 
haben, denn er meinte gleich lachend darauf: „Ja, ja, auch die 
können wir brauchen." per Herr Oberarzt sagte sein ..laug¬ 
lich!" und mein Seschick war besiegelt. 
* 
Im Vorzimmer wurde ich mit dem „va, ham's di a? — 
Ja?" empfangen. Mir war jetzt alles gleich und so zog ich 
mich wieder mit gemischten Sesützlen an. Pa, was kann dir 
schon geschehen? und dann dachte ich wieder an meine 
Heimat... an mein Mutter!... mein Mutterl. Jetzt muß halt 
i!>r einziger auch fort. — In der Wirthausstube vom „gol¬ 
denen Ochsen" empfingen mich meine Herren Kameraden mit 
einem Sejohle und Juheisaffa... in Ortner haben's a g'halt'n! 
Juhuuuuuu...! Schon faßten ein paar kräftige flrme zu und 
zogen mich zur „Vuschenverkaferin". Im Pu war meine 
prust, mein Hut voll plumen, Bändern und anderem Zeug. 
Ls war beinahe schön. Mit den Kameraden aus meiner Heimat 
gurgelte ich nun einige Liter sogenanntes Bier hinunter, 
damit mir leichter werde. 
Meine Stimmung wurde bald besser und in guter Laune 
ging's zum Vahnhof, um den Ort zu erreichen, wo ich laut 
Vertrag am selben flbend eine größere Polle vor dem löb¬ 
lichen Publikum zu spielen hatte. Man hat mir den Salgen- 
humor nicht angemerkt. Ls gab ein Lustspiel und das hat auch 
gerade zum flbschluffe dieses lages gepaßt. 
Wie ich den Krieg kennen lernte^ 
von Hauptmann Walter Vogt 
Ich hörte zwar nicht das Waffengeklirr der sich sammeln¬ 
den Heere, nicht die Windsbraut himmelstürmender Begeiste¬ 
rung, die wie die Brandung der See gegen die Leinde meines 
Vaterlandes donnerte, denn in die viele tausend Meilen ent¬ 
fernte englische Kolonie pigeria drang nichts als die spärliche 
Kunde peuters, die in ihrer frisierten flufmachung nur für die 
nichtdeutsche Welt bestimmt war. In den ersten Kriegslagen 
noch sachlich und ohne Hast, sprachen die Knappen kabel¬ 
berichte dennoch genug, um den SO Veutschen und mich ein¬ 
zigen Österreicher, in den Slutstrahien der afrikanischen Juli¬ 
sonne das Herandämmern einer Zeit fühlen zu lassen, in der 
es h>eß das Bänzchen schnüren, den roten Iropenstaub von 
den weißen Kanevasschuhen schütteln und einer durch viele 
Jahre liebgewonnenen Stätte den Bücken zu kehren. 
Ich habe zehn Jahre unter der Zlagge Broßbritanniens und 
der französischen Irikolore gelebt und gute Bekannte zählte 
ich unter ihren flngehörigen zu einer Zeit, in der das Wort 
„Sentleman" für den englischen Wortschatz noch einen guten 
klang hatte und beide Völker noch nicht so verhetzt waren 
wie heute. 
vie Schwierigkeit der flbsahrt von Lagos, dem Haupthafen 
der westafrikanischen Küste, zu dessen wöchentlichem Post¬ 
dampfer nach der plötzlich erfolgten Linstellung des Ham¬ 
burger Schiffahrtsverkehres sich Lahrgäste weit über das 
flusmaß der veförderungsmöglichkeit drängten, die Sorge um 
die großen werte, die dem kuropäer in der pegerkolonie in 
') ver Buffati stammt aus der Kriegszeit. 
die Hand gelegt waren, vor allem aber die Unbestimmtheit der 
einlaufenden Berichte, die kein klares, verläßliches Bild der 
politischen Lage zuließen, verzögerten die Abreise meiner 
Lreunde. Meiner Unschlüssigkeit machte die Mitteilung eines 
englischen Begierungsbeamten ein knde, daß das Kreuzen der 
deutschen Schiffe „Königsberg" und „Kaiser Wilhelm" in den 
Kanarischen Bewässern auch die englische Beederei klder 
vempster & Co. Ltd. zu einer Linstellung ihres bereits stark 
eingeschränkten Verkehres veranlassen dürste, vies bestimmte 
mich zur sofortigen flbreise. flm IS. flugust ging die „lar- 
quah", ein etwas veralteter englischer Postdampfer, der frei¬ 
lich keinem vergleich mit den spiegelblanken wörmann- 
Vampfern mit ihrer ausgezeichneten verpstegung und Bedie¬ 
nung standhielt, in See und ich zog heimwärts. 
Vas plötzlich auftauchende Serücht einer englischen Kriegs¬ 
erklärung an Veutschland erschütterte zwar meinen Vorsatz be¬ 
denklich, aber, einmal im Schlepptau meines Lntschluffes, blieb 
ich fest. 
welch ein Slück! — Schon am nächsten Morgen wurden 
alle Veutschen durch die farbigen Polizisten verhaftet und ins 
Sefängnis gesetzt. 
Ls ist nicht meine flbsicht, die Mühseligkeiten dieser nichts 
weniger als angenehmen Lcchrt in pastosen Larben auszu¬ 
tragen und ausführlich zu schildern, da sie sich zu einem 
ganzen Buch auswachsen möchten. Ich will nur mit groben 
pinselstrichen und in knapper Lorm, gewissermaßen etappen¬ 
weise, meine Beise bis in den Schützengraben erzätzlen. 
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