Volltext: Linzer Hessen

Durchbohrt, durchwühlt, schwammartig zerhöhlt, werden 
diese Festen ewiges Zeugnis von jahrelanger mühevoller 
flrbeit, von Seist, Seschick und eisernem Fleiße geben. 
Mit der Kaverne begann es: Stollen und Salerien schlossen 
sich an: Seschührohre gähnten aus finsteren Böhlen, das fluge 
des Beobachters lugte durch schmalen Felsspalt — bis end¬ 
lich ein weitumzweigtes Labgrinth von Stollen und Sängen, 
Sailen und Kammern ein unterirdisches Deich eröffnete, in 
dem, fern vom läge, die Besatzung ein gesichertes Dasein 
führen konnte. 
flber Menschengeist und Vernichtungswille ruhten nicht. 
Der Minenkrieg begann, jenes stumme, lichtscheue, furchtbar 
zermürbende Dingen, in dem, von ewigem lauschen gespannt, 
die Sinne zerfielen, die fingst vor dem ewig Ungewissen die 
Seelen zerquälte, die jagende Bast um das Zuvorkommen Las 
Blut in unerhörten Stößen durch den vor Lrregung zitternden 
Körper jagte. 
Zum Troglodgten wurde der Mensch; langsam wurde das 
Unnatürliche zur Sewohnheit. flus ihr entsprang das Bedürf¬ 
nis und die Kunst der flnpassung. Dicht allzulange dauerte 
es und die triefenden, lichtlosen Bäume der Felsgänge wurden 
zu primitiven, aber immerhin erträglichen Mohnräumen aus¬ 
gestattet. 
So wuchs denn der Krieg im Sebirge zu einem großen, 
neuen Problem. Meit über den Böhmen historischer krfah- 
rung hinausreichend, zwang das neue Dasein — die un¬ 
erhörten Bedingungen der tristen; und des Kampfes — alt¬ 
hergebrachte Bahnen zu verlassen und neue entsprechendere 
aufzusuchen. 
vieles wirkte hemmend, verzögernd, vieles wurde als 
achtlos unterschöbt — aber trohdem gelang es neuen Lrkennt- 
nissen, sich im taufe der Zeit durchzuringen und in die lat 
umzusehen. 
Vas ewige Beseh: Mo ein Wille, dort ist ein weg, hat 
auch hier seine ganze Bettung behalten. Und der alpine Soldat, 
der als trstersteiger in Durchführung einer früher unmöglich 
gehaltenen Begehung, durch eine wand, über einen Brat, sich 
Pfad und weg schuf, er ist nur das tinzelbeispiel für die 
flrbeit von Millionen. 
Das Unglaubliche war zur Wahrheit geworden. 
Batte man zu kriegsbeginn die Möglichkeit eines Winter¬ 
feldzuges überhaupt glatt zurückgewiesen, so hielt man es 
später geradezu für einen Widersinn, auch nur mit einer ein¬ 
jährigen Winterkampagne auf den Bergen Südtirols zu 
rechnen. 
Und doch glückte es — glückte es besser und leichter, als 
es den flnschein hatte, warum? Dieses psgchologische Pro¬ 
blem — um ein solches allein handelt es sich auch hier nur —- 
zu lösen, traue ich mich nicht, fiber eines ist sicher! 
viel hat zur Linderung aller Not, aller Strapazen und fln- 
forderungen das ewig wechselnde, Neue, flnziehende des 
Bebirgslandes wohl für alle gehabt. Das drückende, bleierne 
Lasten der endlos gedehnten Sarmatischen Lbene mit ihrem 
stumpfen, stieren, ewig gleichbleibenden flusdruck, mit ihrer 
hgpnotisthen Bewalt, alles in ihren traurigen, düsteren Bann 
zu ziehen, entfiel. 
Da war der Sturm, der über die Bähen pfiff: der weite, 
schrankenlose Blick, der entfesselt über unbegrenzte Länder 
irrte; da war der köstliche, taufrische Vergmorgen, der 
farbensatte, glühende Spätabend, da waren die tausend und 
aber tausend Bestallen und Formen der Berge, das weiche fluf- 
und flbgleiten, das jähe flufspringen, flufschließen, da war 
das Meer der Bletscher, das Farbenkleid des sprühenden Fel- 
scns; da war Trotz und ffochmut, gepaart mit weiche und 
Milde, da war das nimmerendende Wunderspiel ewiger 
Daturgewalten und -erscheinungen, die allein dem Einfachsten 
Stunden der Sammlung, der Lrholung, Stunden der Buhe und 
des vergeffens brachten. 
Die Berge selbst gaben ihr Bestes und wir — wer will es 
bezweifeln — nahmen, nahmen mit vollen Bänden. 
So wurde das unerhörte Dingen fern von menschlicher 
Behausung, dieser trohige Kampf in wüste und Linsamkeit, 
das große Lreignis, das, weit die schrecklichsten Bilder und 
unbarmherzigen Lrinnerungen zerfleischenden Kampfes an sich 
überragend, dem einzelnen, losgelöst von dem historischen 
Beschehen unabwendbaren Kausalzusammenhanges, zum un¬ 
auslöschlichen, bleibenden, absoluten kindruck sich aus¬ 
gestaltete. 
Dicht mehr der blutige Vernichtungswille, der feindselige 
Trieb des Baffes, höheres kmpfinden, die fihnung wie von 
einer Mission erfüllte den einzelnen, ks lag wie ein seelischer 
fidel über den Zügen des einsamen Kämpfers. 
Der Bauch der allumfassenden Boheit dieser Wunderwett 
hatte sich über alle ergossen. Man lebte in seinem Bann, man 
trug das Siegel seiner kmpfängnis auf der Stirne. 
Dun sind die Waffen verklungen: Bergfriede über Tal und 
Bähen, die jahrelang der Sang der Kugel, der Donner der 
Beschütze umbrandet. Unabwendbar nahm das Schicksal seinen 
Lauf. Lin fremdes Banner weht über das Land: aber sie 
sind unser geblieben, unsere Berge, und sie werden es bleiben, 
wie die Zukunft immer entscheiden mag. Zn der Lrinnerung 
werden wir sie als unser But hinüber in unsere alten läge 
tragen, wir werden sie grüßen, begeistert und jugendfrisch, 
wenn einmal unser wegmüder Fuß in ihren Bannkreis ge¬ 
raten, das alternde Ber; ihnen entgegenjauchzen, und der 
trübe Blick in spätem flufleuchten sie grüßen wird, als unsere 
alten, treuen, unwandelbaren Freunde. 
Bergheil! 
Mit der „lechnischm Kompagnie" an der italienischen Lront 
(Die Maulwürfe und Steinklopfer der lZessenj 
von Bberleutnant i. d. Des. Zng. Franz Novotng 
Dicht oft, wie im allgemeinen Teile des Werkes, wo von 
den Leistungen der Feldkompagnien die Bede ist, wird in den 
nachfolgenden Zeilen, die der Lrinnerung an die „Technische 
Znfanteriekompagnie" geweiht sein sollen, von Taten be¬ 
sonderer Tapferkeit einzelner Pioniere berichtet werden. Doch 
haben auch die Männer der Technischen Kompagnie eine statt¬ 
liche Zahl von großen und kleinen Silbernen Tapferkeits¬ 
medaillen erworben und einen Beiden in ihren Deihen, der 
der „Boldenen" würdig gewesen wäre. Dieser fiufsatz erzählt 
von jenen oft unbedankten Männern, die in stiller, unver¬ 
drossener flrbeit bei Tag und Dacht, Degen und Schnee, selbst 
im feindlichen Feuer der Front dienten und das Leben im 
Schützengraben umsorgten. 
Zn mühsamer Bandarbeit führten sie Meißel und Bammer 
beim Bau der Kavernen, sprengten und bezwangen das Be¬ 
stein, um den Kämpfern auch im harten Fels Schutz zu bieten. 
Eifrig wühlten ihre krampen und Schaufeln im Erdreich; sie 
bauten Steige und Straßen zu den Stellungen, zimmerten an 
den Deckungen, schufen Seil- und Feldbahnen. 
Überall wo es flrbeit gab, war der Degimentspionier zu 
finden: in den Feldwachestellungen im flstachtale, am Monte 
Limone und an der reißenden Brenta. Lr fehlte nie, wenn der 
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