Volltext: Linzer Hessen

KriegserfalMngen und besondere 
Formationen in Einzeldarstellungen 
Der krieg im Sebirge 
Oberleutnant i. ö. lief. Dt. Rudolf Freiherr von Saar 
von 
ver Kampf mit seinem Bedürfnis zur Entwicklung breiter 
Massen, zur Wahrung der absoluten Bewegungsfreiheit der 
Parteien: der Kampf mit seinem unstillbaren Ejeißhunger nach 
unabsehbarem Material, das ihm, soll er nicht erkalten — wie 
der Esse die kohle — in kontinuierlichem Strome zugeführt 
werden muß: der Kamps, der schon in sich selbst ein Ejöchst- 
maß von Mühsal und Entbehrung birgt, war immer ein Feind 
des Sebirges. 
Schlachten werden fast ausnahmslos nur in ebenem oder 
leicht bergigem lerrain ausgefochten. So lehrt uns die Welt¬ 
geschichte. 
von der trojanischen Ebene, den katalaunischen Befilden 
bis zu den Leipziger Fluren und dem blutgedüngten Ejügelland 
der französischen Front — wie viele „Tennen des flies" 
könnte man nicht auszählen, aus deren unseligem Boden die 
reife Frucht historischer Seschehnisse zum blutigen Drusche 
gelangte? 
Dauernde Kampfhandlungen im Bebirge waren und 
blieben bis in die jüngste Zeit seltene Ereignisse. Man vermied 
es sorgfältig, das mit den Schrechnissen objektiver Befahren 
lauernde Bebirge zum Tummelplah des Waffenglückes zu 
machen. 
Fast nur die Rot zwang die Kämpfer in das Bebirge. 
kenophons kathabasis zu den Bestaden des Schwarzen 
Meeres, die Kriechen an den Thermopglen, die Niederwerfung 
der autochthonen italienischen Bevölkerung durch „Nom", 
Ejannibals Zug über die fllpen, das sind die ersten kühnen 
versuche beherzter Männer, im Kampfe gegen den Feind nicht 
vor den Naturgewalten des Bebirges zurückzuschrecken. 
So blieb es auch bis in die jüngste Zeit. 
Erst die Tiroler Freiheitskämpfe lehrten, was bereits flllge- 
meinbesih der Urbevölkerung des Bebirges gewesen sein mag: 
flusnühung der fortifikatorischen Dualitäten des Bebirges, zur 
Defensive mit schwachen Kräften. 
Der Entwicklung und Vertiefung dieses Bedankens ent¬ 
sprangen die großzügigen Bauprogramme zur Schaffung von 
Vefenstonslinien, wie sie unsere und die italienische Bebirgs- 
grenze in ausgiebigstem Maße aufzuweisen hatte. 
Doch auch darin lernte man erst schrittweise die fln- 
passung an die äußere Umgebung und die flusnühung der 
natürlichen Ejindernisse, als stärkstes Moment der Verteidi¬ 
gung, erkennen. 
Die Beschichte dieser Entwicklung ist begrenzt durch die 
zwei Markpunkte: Defensionskaserne und kavernenbatterie. 
Dort das anspruchsvoll breite, ehrliche, aber dumme weg- 
verstellen, hier das tückische unsichtbare, aber auch unfaßbare 
Tauern. 
Unsere Erfahrungen aus dem Bebirgskrieg waren faden¬ 
scheinig. Die lehten, auf moderne Verhältnisse wenigstens 
zum Teile anwendbaren Ereignisse waren der bosnisch-herze- 
gowinische Feldzug und zum Teil der Balkankrieg. 
Der größte Teil des einschlägigen Wissens beruhte auf aus 
tiefstem Frieden stammenden, mit kleinen verbänden und in 
kurzen Manövern erworbenen Erfahrungen. Ihr wert war 
ein gänzlich unzulänglicher. Die auf ihnen aufgebauten, sie 
verwertenden Instruktionen und Behelfe versagten zu Beginn 
des italienischen Krieges, der die Ejeeresleitung vor das 
Problem einer Ejunderte von Kilometern langen Bebirgsfront 
stellte. 
Das problematische begann: große Tücken klafften. Ein 
flusnahmssall versteifte sich zu einem Dauerzustand. Die tech¬ 
nischen Erfordernisse überstiegen jedes gedachte Maß. Die 
taktische Konkurrenz des Feindes zwang, die Brenze der im 
Frieden festgelegten Möglichkeiten immer weiter hinauszu¬ 
schieben. 
Der Winter kam mit seinen furchtbaren Schrecken. Es 
mangelte an berggeschulten, berggewohnten Leuten, war doch 
die kernkrast unserer alpenländischen Truppen, unter dem 
Drucke der russischen Millionenheere, schon lange zum Broßteil 
verbraucht und empfindlich geschwächt worden. 
So sah sich denn unsere Ejeeresleitung allerorts von neuen 
Fragen, neuen Forderungen umdrängt, die im verein mit der 
Schöpfung der notwendigen Erfahrungen und ihrer ent¬ 
sprechenden Verwertung zweifellos eine ungeheure flrbeit dar¬ 
stellten. 
wie diese Probleme gelöst, die gesammelten Erfahrungen 
mühebringend angewendet wurden, wie unsere flrmeen sich 
den unwirtlichen Verhältnissen des jahrelangen Bebirgs- 
krieges anzupassen vermochten, das so» in kurzen Schatten¬ 
rissen den Inhalt dieser Zeilen bilden. 
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