Volltext: Linzer Hessen

Organisation, Besoldung, Launen 
Obmohl die Organisation eines Infanterieregimentes im 
Vestallungsbrief vorgeschrieben erscheint, so» dem von Karl VI. 
1737 sanktionierten „Regulament" das wichtigste entnommen 
werden: Danach hatte das Regiment aus 4 Stabskompagnien, 
deren Inhaber der Regimentsinhaber und die 5 Stabsoffiziere 
des Regiments waren, ferner aus 11 Ordinari- und 2 Srena- 
dierkompagnien zu bestehen. Jede von den Stabs- und Ordi- 
narikompagnien, durchwegs „Louseüere", zählte 140, jede 
Srenadierkompagnie 100 Mann. wirkliche ffauptleute der 
Stabskompagnien waren deren Inhaber. Sie wurden im Kom¬ 
mando von den ältesten Lieutenants, den späteren Kapitän- 
Lieutenants, vertreten. 
wie die Stabskompagnien, hießen auch die Raone: Leib-, 
Obristens-, Obristlieutenants- und Obristwachtmeisterskom¬ 
pagnie, beziehungsweise -baon. Me Ordinarikompagnien wur¬ 
den mit den Namen ihrer sjauptleute angerufen. Jede hatte 
eine, das Raon zwei Zahnen. Me Lahnenfrcudigkeit, noch 
aus der Landsknechtzeit stammend, nalim immer mehr ab. 
Schließlich batten nur mehr die ersten Raone Leib- und die 
anderen gelbe Lahnen. Ras Lalinenblatt der weißen Leibfcchne 
batte auf der einen Seite das Bild der Unbefleckten Mutter 
Sattes svon Kaiser Lerdinand IN. als Patronin des sjeeres 
erklärt) in Sold, Silber und Seide eingewebt, auf der anderen 
den Reichsadler mit den Wappen sämtlicher Königreiche und 
Länder. Rie gelbe Labne trug auf beiden Seiten den Reichs¬ 
adler. Pb 1?. Pprü 1868 verblieben bei jedem Linien-Jnfan- 
tericregiment nur mehr zwei Lahnen. Rie Lcibfabne für die 
mit dem Stabe vereinigten drei Leldbaone, vom 2. Raon zu 
führen, dann die gelbe Lahne, die bei den im Lrgänzungs- 
bezirke verbliebenen Raonen, in der Regel beim 4. Raon, 
eingeteilt wurde. Rur die Regimenter Rr. 4, ZS, 41 und 57 
batten an Stelle der weißen Lcibfabnen gelbe, weil diese mit 
der Lrinnerung an ruhmreiche Waffentaten verknüpft waren. 
In der Lolge wurden auch die sogenannten kaderfcchncn ein¬ 
gezogen und zumeist im wiener flrmcemuseum verwahrt. Rie 
Vierzehner rückten in den Weltkrieg mit einer Lahne sleib- 
sahnej aus, über deren Schicksal noch gesprochen werden 
wird. 
Rie Srenadierkompagnien rangierten in drei, die Ordinari¬ 
kompagnien in vier Sliedern. Jedes Raon bestand aus drei 
Rivifionen, diese aus ffalbdivisionen zu zwei Zügen, fln 6c- 
bühren erhielten monatlich: der fjauptmann 45, der Lieutenant 
21, der Lähnrich 18, der fluditor 18 58, der Kaplan 18 58 
und der Regimentsscherer 21 Sulden. Rie Mannschaft bekam 
lagcslähnungen: der Leldwebel 15, der Lourier 14, Lührer 
und Korporal je 8 und der Sefreite und Semeine je 4 Kreuzer. 
Prinz Lugenius der edle Ritter hatte auch ein lzer; für 
die kriegsinvaliden. Sein Vorschlag, nach dem Muster Lrank- 
reichs aus altgedienten, zum Lelddienst untauglichen Soldaten 
„Invalidenkompagnien" zu bilden und als Teil der Lestungs- 
bcscchungen zu verwenden, fand keine Senehmigungr Sründe 
unbekannt. Segen seine flusfichrungen ließ sich nichts Iristiges 
einwenden: „Ls werde durch eine solche Linrichtung ein dop¬ 
pelter Vorteil erreicht", meinte der in jeder Beziehung seiner 
Zeit weit vorauseilende, geniale Leldherr: „kinerseits würden 
die zum Lelddienst untauglichen Offiziere und Soldaten in 
anständiger weise versorgt und nicht mehr wie bisher, ihrer 
eigenen Regierung zur Schmach, dem Llend preisgegeben, 
pnderseits aber Könnten die altersversorgten Krieger, die 
während ihrer langen Dienstzeit jedes Ungemach zu ertragen 
gelernt haben, in den Zestungen, die sich so oft in ungesunder 
Lage befänden, weit länger ausharren und bessere Vienste 
tun, als neugeworbene Soldaten." 
Poliere Zützrung und innere Ordnung 
Rer Dreißigjährige Krieg, der 85 Jahre vor der krrichtung 
des Regimentes beendet worden war, hatte, was die höhere 
Lührung und den inneren Sehalt der Iruppe anbelangt, die 
größte Umwälzung hervorgebracht, pus einer Sache der Rou¬ 
tine, die ebenso oft vom Zufall beeinflußt als nach der Scha¬ 
blone behandelt worden war, hatte sich die Kriegführung, 
um ganz beherrscht und tadellos angewendet zu werden, zu 
einer Wissenschaft erhoben, die einen reisen, nach vielen Rich¬ 
tungen durchgebildeten Seist und ein seltenes Zusammentreffen 
hervorragender LharaKtereigenschasten erforderte. 
Mit dem ziellosen kj>n- und Herziehen zu einem ganz 
untergeordneten oder gar keinem Zweck, den mühseligen 
Märschen, die nichts erreichten als die Vernichtung der durch¬ 
zogenen Länder, den blutigen Schlachten, die an der Sachlage 
nichts änderten, mit all diesen Lrgebnissen des Zufalls, mit 
einer planlosen Kriegführung, die den einzelnen, ergebnislos 
bleibenden Lrfolg höher fchähte als das eigentliche Lndziel 
des Krieges... war es für immer vorbei. Die Strategie war 
nun an die ihr gebührende Stellung, also über die laktik 
getreten. 
Rer Begriff der unbedingten Unterordnung wurde das erste 
und wichtigste Sesetj der Soldaten aller Lhargengrade. Ras 
Lortbestehen der einzelnen Iruppenkörper weckte den Sinn 
für gemeinsame khre, den guten Ruf des Regimentes und 
hob die Kameradschaft. 
pflichten und Strafen 
Linprägsame Rüder über die Verhältnisse zur Zeit der 
krrichtung des Regimentes, die auch Kulturhistorisch von 
Interesse sind, geben die losen Bestimmungen, die man als 
Vorläufer der Rienstreglements bezeichnen Kann. Ligentüche, 
allgemein verbindliche Vorschriften, die die pflichten und Ob¬ 
liegenheiten der einzelnen Srade umfaßten und Sleichartig- 
Kcit in alle Zweige des Dienstes gebracht hätten, gab es da¬ 
mals noch nicht. Roch empfand man das Bedürfnis nach 
solchen Vorschriften. 
von 1700 an finden sich diensterfahrene und schreibkundige 
Obriste, die die Dienst- und Lrerziervorschristen für ihre Regi¬ 
menter sammeln, abschreiben oder gar in Druck legen lassen. 
Vas erste derartige Vienstbuch für die Infanterie stammt vom 
wirklichen Obrist des Infanterieregimentes 56, Sraf Maximi¬ 
lian Regal, viel bekannter und wohl allgemein im Sebrauch 
dürsten die „Observations Puncten" gewesen sein, die „von 
Ihro hochgröslichen Lrcellence sjerrn Ludwig flndrä des hei¬ 
ligen Römischen Regchsgrafen von khevenhüller, Hofkriegs- 
rathsvizepräsidenten, Seneral-Leldmarschallen und Obristen, 
beg dem ihme von Dero kags. Majestät allergnädigst anver¬ 
trautem Regiment vorgeschrieben". 
flls Disziplinarstrafen für Liederlichkeit und Rachlässigkeit 
im Dienst führt khevenhüller an: „flrrest, Elsen und Randen, 
Spitz-Ruthen oder Steigriemen, Prügel, Lünten- und Sattel- 
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