Volltext: Linzer Hessen

krlebnisse des Infanteristen Moser 
Nie ersten Sefechte knde flugust 1914 
Statt die Legend der Kämpfe zu beschreiben, will ich sie 
lieber mit der ffügellandschast pffenstausen—Sallspach—Sries- 
kirchen in Vberösterreich vergleichen, die ja noch von den 
Manövern 1888 und 1912 ster bekannt sein dürfte. 
Beginnen möchte ich mit dem ersten loten, einem Lrsast- 
rcservisten meiner 4. Kompagnie, der sicher vollkommen un¬ 
bekannt und durch einen nicht alltäglichen Zufall nach Ru߬ 
land geraten ist. Dazu müssen wir uns wieder nach Linz 
zurückbegeben. In der Römerbergschule waren bekanntlich 
vor dem flbmarsche das 1. Feldbaon und eine Lrsastkompagnic 
bcquartiert. Im Wirbel der IRobilisierung kam ein Knecht, 
der bei einem Bauern in der Umgebung von Lin; diente, brav 
in die genannte Schule und geriet statt zur Lrsastkompagnie 
unter uns Kriegssoldaten, wer ihn feldmäßig ausrüstete ist 
— auch ein Rätsel. 
wästrend der Fastrt durch Ungarn wurde uns in einer 
Station die Löhnung ausbezastlt. fluf die Frage ob alles 
stimme, meldete sich ein wann namens pacek, der nichts be¬ 
kommen statte. Ver Rechtsum'j war feste erstaunt, ob dieses 
Zuwachses. Man machte weiters kein flufsesten von der 
Sache. Ber Mann wurde einfach in den Stand genommen, 
denn zurückschicken konnte oder besser gesagt wollte man den 
Findling nicht. Unserem guten lZauptmann Fischer wäre es 
vielleicht nicht angenestm gewesen, pacek war ein Schwäch¬ 
ling, auch sonst kein Kirchenlicht und militärisch nur etwas 
angestaucht. Lr litt darunter, denn er konnte wästrend der 
Sefechtsmärsche nicht zelin Schritte im gleichen Tempo bleiben, 
erntete deswegen von allen Seiten nur Tadel, am meisten 
von den andern Lrsastrescrvisten, die sich seiner schämten. 
flls wir am 28. flugust die flnstöste außerhalb des Dorfes 
pserdüw erreicht statten und über den Hang sterunterliefen, 
sagte istm der Tambour: „kannst est nöt schiaßn und treffn, 
gib ma d' Latin, kriagst dafür mei Tromml." kaum war der 
Tausch vollzogen, schon nach 20 Schritten, wurde der tapfer 
mitlaufende pacek von einer Kugel in den Kopf getroffen 
und stürzte leblos zu Boden. Lr war der erste Verlust, den 
wir erlitten. Beim passieren des lZügels wurden noch mestrere 
verwundet. Puch der Tambour bekam am gleichen Tage einen 
flrmschuß. ven Ramen weiß ich nicht mestr, weil wir uns 
noch wenig kannten. 
In der Talmulde, in einem kleinen Wassergraben, konnten 
wir ein wenig verschnaufen. Bort statten wir Selegensteit die 
Wirkung der 58 Schritte vor uns schießenden Maschincn- 
gewestrabteilung zu festen, die bald darauf das Feuer ein¬ 
stellte. Run ging es wieder vorwärts. 
flls wir den Wald bereits erreicht statten, kam auch noch 
sjauptmann Ritt mit seiner Kompagnie nach, vie 4. Kom¬ 
pagnie durchstreifte den Wald, kam am rechten Lck wieder 
aus demselben steraus und ging etwas nach links schwenkend 
wieder vor. 
Rechts von uns in einer Talmulde standen einige russische 
Trainwagen, die teils brannten, teils umgeworfen am Boden 
lagen. Run liefen wir etwa 288 Schritte vor und warfen 
uns auf die Lrde, wo wir sofort aus den zirka Z88 Schritte 
vor uns liegenden Russen das Feuer eröffneten. 
Sefreiter kinzinger wurde neben mir, durch einen Bauch¬ 
schuß verwundet und so» angeblich auch daran später gestor¬ 
ben sein, wegen des eigenen flrtilleriefcuers, das uns ge- 
fästrlich zu werden drostte, mußten wir wieder zurückgcsten. 
ffauptmann Lischer sammelte uns im Walde, wir kamen 
aber nicht mestr zum flngreifen. So marschierten wir im ge¬ 
schlossenen Zuge am rechten Waldrande als plöstlich, knapp 
's So wurde der Rechnungsunteroffizier genannt. 
rechts von uns ein flrtilleriegeschoß explodierte. Durch den 
Luftdruck wurden wir alle, ostne flusnastme an die Bäume 
geschleudert. 
Ich erinnere mich, daß zugleich mit der Lrplosion ein mir 
unbekannter Infanterist von einer Sewestrkugel in die linke 
Seite, oberstalb des Leibriemens getroffen wurde. Dieser 
wann siel nach rechts, daster mußte der flnprall der Sewestr¬ 
kugel stärker gewesen sein, als der Luftdruck der Sranate. 
Das Lnde des Sefechtes feste ich als bekannt voraus. 
In kurzer Zeit war die Kompagnie wieder gesammelt und 
aus einer wiese, neben einem lzaferfeld ein Freilager bezogen. 
Dann mußten sich von jeder Kompagnie zwei wann freiwillig 
auf Feldwache melden. Sie gingen bald darauf mit einem 
Leutnant der 1. Kompagnie auch ab. Bei dieser Selegensteit 
zeigte uns Major Walter ein Schrapneilstück und sagte: „Dies 
statte mir steute beinaste das Leben gekostet." 
Die Feldwache wurde auf der Straße, die wir mittags, als 
wir ins Sefecht traten überschritten statten, bei einer buschigen 
Baumgruppe ausgestellt. Vie Rächt verlies ostne den gering¬ 
sten Vorfall, flus der feindlichen, als auch auf unserer Seite 
sterrschte Rüste. In der Früste wurden wir wieder eingezogen. 
Inzwischen statte sich im Walde das Regiment gesammelt, wir 
marschierten durch den Wald gegen Liskg, an dessen Wald¬ 
rand wir die Regimentsreserve bildeten. 
Reben uns stand ein russisches Zollstaus vollständig aus¬ 
geleert bis auf eine alte Beamtenmüste. flm flbend ging es 
weiter, nach Liskg stinein, wo mit den Reunundfünfzigern im 
Freien gelagert wurde. Die Rächt verlief rüstig. 
ver Morgen des 38. flugust brach schön und still an, nur 
gegen 18 Ustr vormittags zeigten sich russische Flieger, vom 
Train bekamen wir zur gleichen Stunde Tabak und Brot. 
Rach kurzer Zeit kam der flbmarschbesestl. Ls wurde der¬ 
selbe weg genommen, wie tags zuvor, bis zum russischen 
Srenzstaus. Rach kurzer Rast ging es im geschloffenen Zuge 
vorwärts. 
Im Leiste beschäftigten sich alle mit den bevorstestenden 
Lreignissen. Zuerst marschierten wir durch das ganz verlassene 
Dorf Rowosielki und weiter durch den Wald nach der zweiten 
prtschast Wasilew. Diese war bewostnt. wir erstreiten den 
Besestl, sie zu durchstreifen. Die meisten Bewostner waren 
starmlos. Rur beim Meierstof gab ein Russe aus einer Pistole 
mestrere Schüsse ab. Lr wurde verstaftet und noch einige an¬ 
dere dazu. 0b mit Recht oder Unrecht konnte ich nicht beur¬ 
teilen, denn alles ist Schicksal, vom Orte aus fasten wir 
außerstalb desselben eine russische Patrouille. 
Um 2 Ustr Z8 nachmittags löste sich unser Baon, außer- 
Ijctlb der prtschast, in Schwarmlinien aus, überschritt ein Rü- 
bcnseld und nastm Direktion aus den nördlich gelegenen Wald, 
ostne mit dem Feinde in Berüstrung zu kommen. Ungestört 
konnten wir in demselben, obwostl vor einer Stunde dort eine 
russische Patrouille verschwunden war eine Linksschwenkung 
vornestmen und die Straße gewinnen, die aus Wasilew ster- 
ausfüstrt. Line sestr günstige Deckung stätte uns der Straßen¬ 
graben geboten, wenn die Russen das Feuer auf uns eröffnet 
stätten. Die feindliche flrtillerie, die links von uns, ziemlich 
weit entfernt aufgefastren war, konnten wir im Sefecstte be¬ 
obachten. 
wir lagen aber außerstalb der Feuerwirkung und konn¬ 
ten bis zum flbend dort bleiben, ostne daß sich etwas ereig¬ 
net stätte. Mit Eintritt der Dunkelsteit bekamen wir den 
Befestl uns an den Rordrand des Retreba-Waldes, der ein 
Viereck bildete zu verschieben, vor istm lies in westöstlicher 
Richtung eine Straße und an seiner Rordostecke stand ein 
150
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.