Volltext: Linzer Hessen

ziemlich rasch Zurückgehenden gleichfalls ein gutes Ziel, das 
er weidlich ausnützte und in den gut deckenden Garben mußten 
die Nüssen weitere Z4 lote und Z? verwundete im Vorfelde 
zurücklassen, die erst einige läge später aufgefunden und 
geborgen werden konnten, Line Stunde später war die Lage 
wieder hergestellt. 
Vie folgenden läge brachten keine flbwechslung. vie russi¬ 
schen Geschiche blieben zwar seht rege und ließen des öfteren 
einen heftigen Gagelschlag auf die Stellungen des Begiments 
niedergeben, doch ohne größeren Schaden anzurichten. Sonst 
tauschten beide flrtillerien ihre täglichen Srüße aus und die 
schwarzen Wolken der Nüssen, die rot-weißen der Unseren 
flogen wie farbige Bälle hin und her. 
3n den Gräben herrschte lag und Nacht reges leben. Mitte 
Oktober hatte jeder Schwarm sein Vach, Verbindungen nach 
rückwärts sorgten für einen gedeckten Verkehr und die lzin- 
derniszonen, ausgestattet mit allerlei Überraschungen wie: Lall¬ 
drähte. Lußangeln, Lußschlingen, selbsttätige Naketen, auto¬ 
matisch entzündbare Handgranaten, eingebaute Minenfelder 
usw., gaben der vesahung ein Gefühl des Geborgenseins. 
vie Verluste waren gering und größtenteils auf die Sorg¬ 
losigkeit zurückzuführen, die dem Vierzehner der eigenen sjaut 
gegenüber eigen ist. Mar es in der offenen Leldschlacht Kalt¬ 
blütigkeit wenn er, weil ihm eine Granate das Gewehr 
aus der lzand gerissen hatte ruhigen Schrittes ein anderes 
suchen ging, so muß es im Stellungskriege als Leichtsinn 
bezeichnet werden, wie der Sorglose mit seinem leben spielte, 
wenn er seinen Mantel über den Vrahtverhau legte, gemächlich 
ausklopfte oder auf der Brustwehr des Grabens seine pfeife 
schmauchend umherspazierte. 
Vas Leben im Schützengraben 
Geffenrobinsonade 
Mar auch der Lelddienst im Graben selbst nicht sehr an¬ 
strengend, so füllte die flrbeit der Instandhaltung der großen 
flnlage doch lag und Nacht. Besonders nach stärkeren Begen- 
güssen, die die Münde zum linsturze brachten und die Sohle 
zu einem leigbache umwandelten, gab es nur wenig Buhe, 
flm schlimmsten waren die beiden äußersten Llügel des Begi- 
ments daran. Ihre Stellungen durchquerten versumpfte 
Niederungen, die das flusheben von Gräben unmöglich 
machten, und so mußten Basenziegel gestochen und aus ihnen 
ein Mall von Manneshöhe und drei Meter Vicke errichtet 
werden. Vie Nacht verfloß mit flrbeiten im vorfelde und 
regstem Patrouillenverkehr zur lrkundung der flbsichten des 
Gegners, der ebenfalls tief verschanzt und mit einem sicheren 
sjindernisschuh umgeben gegenüber lag. 
vie Knappe freie Zeit aber brauchte der Mann zur Be¬ 
tätigung seines küchentalents. ls ist eine liebiingsbeschästigung 
des Vberösterreichers zu kochen, zu braten und zu schmoren, 
wo immer es nur angeht, kein Mokka wird ihm so gut 
schmecken wie der Lranck-Kaffee, den er mit unendlicher 
Geduld und erfinderischem Geschick sich selbst gebraut, kein 
Braten so munden, wie das wässrige Gulasch, das er auf 
winzigem Leuerlein unter stetem pusten mit verbranntem 
fjeldenbart, berußtem Gesichte und kohlschwarzen Lingern sich 
selbst zubereitet, während des ganzen Vormarsches litt die 
Mannschaft niemals Bot. Gemüse gab es reichlich und überall 
Gänse, lnten und Schweine in Scharen. Za, das Schießen der 
lehteren zum Sport entwickelt, mußte das Begimentskom- 
mando eindämmen, vie glänzenden dicken Backen hatten 
allerdings manchmal nichts mit der Lahrküche zu tun, sondern 
waren der Leindseligkeit russischer Bienen zuzuschreiben, wenn 
ihr süßer Vorrat den Schleckermäulern zum Vpser fiel. Zetft 
freilich gab es diese Leckerbissen nicht mehr. Zwar blieb die 
Verpflegung gut und auskömmlich, aber ein hungriger Sol¬ 
datenmagen kann wahre Berge vertragen, und da boten denn 
io 
Kriegsbrücke über den Stgr 
die ausgedehnten und herrenlosen Kartoffelfelder hinter der 
Lront einen willkommenen Beitrag zur Küche. 
Zur flufbesserung der Verpflegung trugen auch die riesigen 
vorgefundenen, bereits geschnittenen Getreidemengen bei, die 
unmittelbar im Bückengelände lagen. Sie wurden im laufe 
einiger Wochen geborgen, durch eine kleine Vreschmaschine 
beim Train gedroschen, vermahlen und ermöglichten durch 
lange Zeit eine Zubuße an weißem Brot und Knödeln. 
Über den Mangel an verschiedenen Gebrauchsgegenständen 
half das angeborene geradezu bewunderungswerte Bastler- 
geschick hinweg. So wurden leere Konservendosen mit einem 
tjenkel versehen und ergaben einen brauchbaren lrsah für 
Töpfe und Tassen, Llaschen wurde der Boden entfernt, eine 
Patrone als Klöppel durch den Gals geschoben, das Ganze mit 
einem vraht verbunden, und der schönste Klingelzug war 
fertig. Tinen besonderen Bang nahm die Innenausstattung 
der Unterstände ein, wozu „Muskete" und ..Zugend" und 
andere bebilderte Zeitschriften den Wandschmuck lieferten, vie 
oben beschriebene Klingelanlage wurde später als fllarmglocke 
im ganzen flbschnitte eingeführt. 
Vas Begiment lag stets mit drei Baonen in der vordersten 
Linie und einem Baon in der Beserve. Vieses entweder in dem 
kleinen Wäldchen bei pokaszczewo, wo auch die Unterkünfte 
des Begimentskommandos standen, oder in einem Baracken¬ 
lager bei lhorlupg, das aber so feucht und kalt war, daß der 
dortige flufenthalt der Mannschaft wenig Lreude bereitete. 
Ver Train hatte seinen Parkplah in einem Wäldchen westlich 
dieses Vrtes und litt wiederholt unter russischen Lliegerbomben. 
Beim Troß befanden sich auch die Lahrküchen, die bei ange¬ 
brochener vunkelheit vorfuhren, so daß die Menage täglich 
um S Uhr abends ln den Stellungen eintraf. Ver Kaffee 
wurde unoerkocht ausgegeben, da es die Leute vorzogen ihn 
des Morgens selbst zuzubereiten. Später, bei größerer Kälte, 
wurden große Kochkessel in einem rückwärtigen Graben ein¬ 
gebaut und den von der wache zurückkommenden Mann¬ 
schaften Tee verabreicht. 
Mitte vezember fielen große Schneemengen und eine Kälte¬ 
welle (bis —25°) kam so unerwartet, daß es einige Lrfrie- 
rungen absehte. Sie war nicht von langer vauer, doch der 
Wetterumschwung brachte ein derartiges Kotmeer und wurde 
zu solch argem Verkehrshindernisse, daß die Küchen und 
Luhrwerke, die dem Zuschube der Verpflegung in die vorderste 
Linie dienten bis zu den flchsen in dem schwarzen Brei 
versanken. 
Sonst herrschte in der Tiefe des wolhgnifchen kalten 
winters Buhe. Einige Male gellten die fllarmglocken durch 
die Gräben, vann sprang jeder Mann an sein Schießloch. 
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