Volltext: Frankreichs finanzielle Oligarchie [66]

hemmend einschreite, hatte man gewiß auch schon vorgesorgt; ein 
Caillaux z. B. wurde bewacht, als sei er das Oberhaupt eines 
Staates, aber er wurde gewiß nicht seiner Sicherheit wegen be¬ 
wacht, und was Jaurès zustieß, das ist ja bekannt. (Im übrigen 
kann man sicher sein, daß hierbei übereifrig vorgegangen wurde. 
Jaurès war in Wirklichkeit durchaus „gouvernemental", wäre er 
mit dem Leben davongekommen oder wäre das überflüssige Attentat 
unterblieben, so säße Jaurès heute auf einem Ministersessel — eine 
Vermutung, die anläßlich des Jahrestages seiner Ermordung so¬ 
wohl von der „Guerre Sociale“ wie von der „Humanité“ be¬ 
stätigt wurde.) 
Man muß während der kritischen Zeit von Mitte 1913 bis 
Mitte 1914 in Paris selbst gelebt und in Fühlung mit den Pariser 
Finanzkreisen gestanden haben, um das Knistern und Krachen im 
stolzen Monumentalbau der finanziellen Oligarchie Frankreichs, 
der in Generationen voll der fleißigsten Arbeit geschaffen worden 
war, als denjenigen Anterton zu werten, der immer wieder durch die 
Kakaphonien des politisch-diplomatischen, europäischen Konzerts 
hindurchdrang. Man muß mitangesehen haben, wie ratlos die 
Führer der finanziellen Oligarchie der mit Riesenschritten näher¬ 
rückenden Débâcle gegenüberstanden, man muß die krisenschwangere 
Atmosphäre, die blinde Fieberstimmung jener zwölf Monate mit 
eingeatmet haben, um zu verstehen, daß es zuletzt kein Lasten mehr 
geben konnte, sonderrsdaß alles erleichtert aufatmete, als die politi 
schen Ereignisse sich in der bekannten Art entwickelten. 
Ich schließe diese Arbeit, indem ich nochmals an mein Vorwort 
erinnere. Am den gegenwärtigen Krieg zu erklären, reichen hin¬ 
sichtlich Frankreichs meine Ausführungen allein gewiß nicht aus, 
auch nicht die Berichte der belgischen Diplomaten. Bei einem so 
ungeheuren Komplexproblem spielen unendliche Faktoren eine 
Rolle. Immerhin handelt es sich für den, der von Phrasen, Schlag¬ 
worten und Illusionen absieht, in der Lauptsache nur um wenige 
Lauptlinien, die dann klarer sich abheben, falls man das Wesentliche 
vom Anwesentlichen zu unterscheiden vermag. Es ist zu hoffen, 
daß der Krieg dies kostbare Vermögen einer richtigen Anterscheidung 
gerade bei uns stärken wird, denn uns tut dies bitter not.
	        
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