Volltext: Mappe IV: Montenegro und Albanien (Mappe 4 ; / 1917)

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Fürsten einen Einheitsstaat zu übergeben und dazu war es notwendig, nicht nur 
die kleineren Fürsten, sondern vor allem den obersten, reichsten und bedeutendsten, 
nämlich Essad Pascha, gefügig zu machen. 
Essads Politik war ein fortwährendes Lavieren. Für ihn galt es, sich womöglich 
für alle Zukunft eine sichere Position zu erringen und wenn er schon nicht Fürst 
werden konnte, so wollte er mindestens, daß der neue von Europa eingesetzte 
Monarch die Macht und Würde aus seiner Hand erhalte. 
Die Anarchie im Lande wurde aber durch solche Aspirationen natürlich nicht 
gemindert. Die Hauptursachen der Gärung waren jedoch auch Zerwürfnisse 
zwischen den einzelnen Familien des Landes, die einander neidvoll den Rang 
ablaufen wollten und deren Ehrbegriff es nicht zulassen wollte, daß einer sich 
dem andern unterordne. Versuchte es zum Beispiel eine der kleineren Familien, 
ihr Einflußgebiet über ihre Provinz hinaus zu erweitern, so konnte man mit 
Sicherheit auf blutige und langwierige Konflikte rechnen. — Auch mit den Um< 
trieben Essad Paschas waren nicht einmal alle Mitglieder seiner großen Familie 
zufrieden, und die Mittel, die der skrupellose Mann anzuwenden wußte, um die 
gesamte Diplomatie Europas in Atem zu halten, fanden keineswegs die Zu-- 
Stimmung seines Hauses. Und beim Zusammenbruch der Wied'schen Regent.' 
schaft befanden sich diese einzelnen Familienmitglieder in offener Gegnerschaft. 
Wer es mit dem Fürsten gehalten hatte, den haßten und befeindeten jetzt mit 
aller Hartnäckigkeit und Verbissenheit, deren ein in den Anschauungen der Blut.- 
rache lebendes Volk nur fähig ist, die andern, die zu Essad Pascha 
hielten. Im Laufe dieser Wirren und Konflikte ging das Haus 
Akif Paschas zugrunde, fiel es als Opfer der im 
Politik in Schutt und Asche. 
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WACHEABLÖSUNG IN TIRANA. 
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Uber Tirana, der schönstgelegenen Stadt Ober^Albaniens, erzählt die Sage 
folgende Gründungsgeschichte: Es lebte in Albanien einst ein armer Bey, der 
nur einen Diener besaß. Dem träumte in einer Nacht, daß der Mond sich auf seine 
Schultern senke. Er erzählte diesen Traum seinem Herrn, der ihm riet, sein 
Glück in der Stadt zu versuchen, da ihm anscheinend eine große Zukunft bevor-' , 
stehe. Das tat der Jüngling auch. Nach vielen Jahren traf der Bey seinen ehe.' ! 
maligen Diener in Konstantinopel als Großvezier. Dieser stellte ihm nun frei, - 
sich eine Gnade zu erbitten. Der arme Bey verlangte den Sandschak Ohrid. Auf 
seinen Jagden kam er damals in eine Gegend, die ihm so wohl gefiel, daß er 
dort eine Moschee und einen Bazar erbaute. Aus diesen kleinen Anfängen ent^ 
wickelte sich eine weit gedehnte Stadt, Tirana, die heute ungefähr 30.000 Ein-' 
wohner zählt. (Geschichtlich erwiesen ist jedoch, daß schon zur Zeit Skanderbegs, 
der im Jahre 1467 starb, eine Stadt Tirana vorhanden war.) 
Tirana liegt in einem Alpental von größter Schönheit. Eine breite Ebene ist 
von hohen Bergen eingesäumt, die ein höchst malerisches Panorama gewähren. 
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