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Männer wurden an Ort und Stelle, wo die heimtückischen Kugeln sie getroffen
hatten, untersucht, ihre Monturen aufgerissen, die Wunden verbunden und die
Schwerverletzten auf Tragbahren gehoben, um auf den nächsten Verbandplatz
und von dort ins nächste Feldspital transportiert zu werden. Dem Sanitäts/
Soldaten ist schon manches Lobeslied in diesem Kriege gesungen worden. Ganz
mit Recht, denn auch er setzt sein Leben aufs Spiel, auch er muß sich täglich,
stündlich unter den schwierigsten Umständen allen Gefahren des Krieges preis--
geben und kann nicht einmal sein Leben verteidigen, da er waffenlos ist. Seine
einzige Waffe ist die Menschenliebe. Wohl schützt ihn in gewissem Sinne das
Band mit dem roten Kreuze am Arme. Aber wenn schon der Feind das Zeichen
achtet, die blinde Kugel kennt keinen Pardon. Über die Vorgänge in der Seele
des Sanitätssoldaten wissen wir noch wenig. Er kann eigentlich seinen schweren
Beruf nur dadurch ausüben, daß seine Nerven gegen jede Gefahr vollständig
abgestumpft sind. Mit den gewöhnlichen Ausdrücken Unerschrockenheit und
Aufopferung kommen wir in Aufzeigung und Erklärung nicht aus, denn be«-
kanntlich ist der Selbsterhaltungstrieb so stark, daß er alle Hemmungen psy-
chologischer Natur zu überwinden vermag; es müssen daher einige Impon¬
derabilien mitspielen, die die Empfindungen und Erregungen rein
mechanisch gestalten und ein normales Bewußtsein während
der todesverachtenden Arbeit gänzlich ausschalten.
ERSTE HILFE*
Ein Hilfsplatz am Okolista/Gebirge, nur 50 m von der Schwarmlinie entfernt.
Der typische „Hilfsplatz“, auf dem die aus der Feuerlinie verwundet ausschei.-
denden Soldaten erste Hilfe erhalten. Sie besteht im Wesentlichen im Anlegen
eines Notverbandes. Wer gehen kann, begibt sich allein auf den etwa 1000 Schritt
weiter rückwärts gelegenen, mit reicheren Sanitätsmitteln ausgestatteten Verbands¬
platz. Schwerverwundete werden auf Tragbahren hingeschafft. Der Platz, den
unser Bild zeigt, war durch einen ziemlich steilen Berghang gegen Infanterie--
schüsse gesichert, der Heimsuchung durch Artilleriegeschosse lag er offen. Von
der reichlichen Arbeit, die auf solchem ersten Hilfsplatz (in den aus unmittel-
barster Nähe der Lärm des Kampfes herüberdringt,) zu leisten ist, gibt unsere
Aufnahme eine klare Vorstellung. Auch von der Sorgfalt, die trotz aller durch
die Umstände zwingend geforderten höchsten Eile, den verletzten Kriegern zu-
gewendet wird. Soweit es angeht, helfen die Leichtverwundeten, kaum daß der
Notverband die eigene Wunde deckt, bei der Hilfeleistung der Sanitätsleute für
die verwundeten Kameraden nach Kräften mit. Das wichtigste Prinzip dieser
„ersten Hilfe“ ist, die Wunde möglichst so wie sie die feindliche Kugel geschlagen
hat, den Ärzten zu konservieren. Also nur ein fester Verband zur Stillung der
Blutung und schleunigst fort mit dem Patienten zum nächsten Feldspital.
So wird am ehesten gewährleistet, daß nicht irgendwelche Infektionskeime in
die Wunde gelangen. Ja, bei Bauchschüssen hat die Erfahrung dieses Krieges