Volltext: Mappe II: Durch Galizien (Mappe 2 ; / 1916)

14 0 Verstecken, alle Spiele üben sie bunt durcheinander. Es ist eine Freude, ihre 
sonnverbrannten Gesichter, ihre hellen Augen und im Lachen blinkenden Zähne 
zu sehen. Aber nur wir, die Freunde sehen sie so; die Russen kennen sie mit 
anderen Gesichtern, wenn sie mit geschwungenem Gewehrkolben oder die 
Handgranate in der Faust auf sie losstürmen, mit zornblitzenden Augen und die 
Muskel zum tötlichen Streich gespannt. Die jetzt in den Stunden der Muße 
wie Kinder scheinen, sind morgen im Kampf eherne Männer, stählerne Helden 
und gerade diese Doppelnatur von Ernst und Heiterkeit, jedes an seiner Stelle, 
macht den ungarischen Soldaten so liebenswert. Ihr Ernst wie ihre Munterkeit 
offenbart erst ganz ihre ungarische Seele und wenn die Feinde den Honved 
fürchten und hassen wegen seiner gefährlichen Kraft, so müssen 
wir ihn doppelt lieben für seine gutmütige Fröhliche 
keit und seinen sonnigen Übermut. 
iS, i6 0 WARTEN IM KRIEGE. 
Im Kriege sein bedeutet nicht: ohne Unterlaß kämpfen; ganz im Gegenteil. 
Die zeitlichen Zwischenräume, die Pausen zwischen den einzelnen Gefechten 
oder größeren Aktionen sind oft lange und die Untätigkeit ist für aktive Na/ 
turen schwieriger zu ertragen als manche Strapaz. Das Warten bildet im Kriege, 
ja im ganzen militärischen Betriebe ein großes Moment, mit Warten wird ein 
kleiner Zeitteil im Leben des Kriegers, des Soldaten ausgefüllt; selbstverständ/ 
lieh aber ist dieses Warten in Bereitschaft bedingt durch die Wirkungslinien 
und das Wesen des ganzen Organismus, dessen zahllose Fäden nur die oberste 
Leitung, das Armeeoberkommando, in der Hand hat; nur diese oberste Stelle ver/ 
fügt über das ungeheure Material von Menschen, Tieren und Leblosem, nur sie 
schiebt, verschiebt, lenkt, rückt auf dem großen Schachbrett der gigantischen 
Schlachtfelder die Massen. Die Truppe und selbst die Truppenführer wissen 
von nichts und müssen sozusagen auf das Stichwort warten; aber den Truppen^ 
leitern obliegt es darauf zu achten, daß ihr Werkzeug blank bleibe und nicht 
verroste. Denn die Truppe ist Werkzeug und wird benützt zu höherem Zwecke; 
das Werkzeug muß aber hier und dort bereit liegen, hieher und dorthin diri/ 
giert werden, um seine Arbeit zu verrichten. Die obersten Lenker bleiben 
der Truppe zumeist unsichtbar, sie sorgen jedoch in so väterlicher Weise, so 
zweckentsprechend für sie, daß volles Vertrauen das Band bildet, das beide ver/ 
bindet. Speise und Trank, Sanitätshilfsmittel, Kleidung und Waffen, Tabak 
und Geld, alles kommt dem einzelnen Mann nach Gebühr zu — er weiß nicht 
woher, er weiß nicht von wem. Im Kriege lebt der Mensch eigentlich nach 
dem Bibel wort, wie die Lilie auf dem Felde . . . Irgend eine höhere Gewalt hat 
immerwährend ein Auge auf ihn, beschenkt ihn, nährt ihn, denkt an ihn und 
denkt für ihn. 
Von allen Richtungen ballten sich unsere Verbände während der großen 
Maioffensive zusammen, um mit gewaltigem Anprall vereint gegen die russischen 
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