Volltext: Mappe I: In den Karpathen (Mappe 1 ; / 1916)

Nochmals herzliche Worte an den strammstehenden Abschnittskommandanten; 
dann verläßt der Erzherzog die Stellung der Einundsechziger. Uber freie Felder 
geht nun sein Weg; der Krieg ließ sie brach liegen; nun werden sie doch um/ 
gepflügt, von einer seltsamen Pflugschar freilich. Russische Artillerie beschießt 
die nahe Gemeinde Köves und die Eisengarben prasseln oft genug über den 
Ort weg und pranken den Acker auf. Eben ist der Erzherzog bei dem Bache 
Cerles angelangt und bereitet sich dort, über ein euphemistisch „Brücke" be«' 
nanntes Brett zu schreiten, als hundert Schritte davon entfernt, eine russische Granate 
in ein Bauernhaus einschlägt, das sofort in einer Schutte und Flammenwolke 
niederbricht. Entsetzt mahnen die Begleiter des Erzherzogs zur Rückkehr, doch 
er wehrt ruhig lächelnd ab. Ehe er seine braven Neununddreißiger'Infanteristen 
nicht in ihrer Stellung besucht habe, kehre er nicht heim. Und ohne sich durch 
die Bitten der Seinen oder das Höllenkonzert des Feindes stören zu lassen, setzt 
er seinen Weg fort. 
Aus diesem Geiste ist auch der Korpsbefehl geboren, den er dreiviertel Jahre 
darnach, anläßlich seiner einjährigen Kommandoführung über das VII. Korps, 
schon im Süden, bei der Isonzoarmee, erließ und der besser als jede noch so 
ausführliche Charakterschilderung für die adelige Gesinnung dieses nun schon 
über ein Vierteljahrhundert seinem Kaiser und König treu dienenden Prinzen 
spricht: 
Korpsbefehl des Erzherzogs Joseph an das VII. (Temesvärer) Korps. 
Heute ist es ein Jahr, daß ich, durch die Allerhöchste Gnade Seiner Majestät 
mit der Führung des VII. Korps betraut, dessen Kommando in den Karpathen 
übernommen habe. Mit dankerfülltem Herzen für euch blicke ich auf die lange 
schwere Zeit unseres Zusammenwirkens zurück. Die furchtbaren Schlachten 
und siegreichen Gefechte von Monaten, die ihr, Soldaten meines heldenmütigen 
Korps, mit so unvergleichlicher Pflichttreue und Aufopferung durchkämpft, die 
bewunderungswürdige Zähigkeit, mit der ihr alle die oft unsagbaren Leiden und 
Entbehrungen und die Unbilden des Karpathenwinters erduldet habt, sind Tat' 
Sachen, zu deren Würdigung Lobesworte nicht hinreichen; ewig werden sie 
ruhmvolle Blätter der Geschichte dieses Krieges sein! In den Karpathen ist die 
Kraft der Russenmacht gebrochen worden. Euer Verdienst an dem siegreichen 
Vordringen bleibt ebenso unsterblich wie das eurer Kameraden, die heute schon 
tief im Innern des russischen Reiches stehen. Ohne die gewaltigen Kämpfe in 
den Karpathen wäre weder bei Gorlice noch weiter ein Vordringen möglich 
gewesen. Wir wurden aus dem Triumphzug genommen und vor eine neue 
Aufgabe gestellt, ähnlich jener in den Karpathen und doch unendlich schwerer. 
Uns hat man anvertraut, die ganze Heeresmacht des meineidigen Verbündeten 
aufzuhalten, ihn an unserer Front verbluten zu lassen und, ist dies einst gelungen, 
seinen Verrat zu rächen. Fürwahr, eine schwere und ehrenvolle Aufgabe; gilt 
es doch, dem furchtbaren Artilleriefeuer eines fanatischen Gegners standzuhalten. 
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