Volltext: Mappe I: In den Karpathen (Mappe 1 ; / 1916)

das ab und zu von gedämpften Schlägen, gleich dem Fallen großer Balken, 
durchbrochen wird, so könnte man sich weit in der Heimat meinen, im tiefsten 
Frieden. Doch nun hallen schwere, gleichmäßige Schritte durch die Nacht; das 
ist die Morgenwache, die unter dem Schloßtor aufzieht. Die Zimmer da oben 
sind bereits hell; es sind die Räume der Kommandantur, in denen Erzherzog 
Joseph haust. 
Nun klappert leichter Huftrab aus der Ferne, verstärkt sich, Räder knirschen 
im Sand, eine Peitsche schmitzt. Jetzt leiser Anruf; Parole und Losung: Passiert! 
Das Gespann hält am Eingang, ein leichter Wagen, den edle Pferde mit schäum^ 
flockigen Trensen ziehen. Zwei Offiziere schwingen sich heraus, der Stabschef 
Oberstleutnant Wilhelm Eisner^Bubna und der Husarenoberleutnant Detrich, 
des Erzherzogs ständige Begleiter auf seinen Inspektionsfahrten. Sie brauchen 
ihn nicht lange zu erwarten. Ein froher Morgengruß hallt vom Torbogen; der 
Posten macht Front, und nun tritt der hohe Herr mit elastischem Schritt 
ins Freie. 
Rasch sitzen sie im Kabriolett, strammen die Zügel und fahren los. Das 
schwere Automobil, das sie sonst führte, würde sich zu dem heutigen Ausflug 
wenig eignen. Eine Weile rattert das Gefährt üher die geschotterte Straße; 
dann geht es über schweigenden Moosboden in einen von Schwerfuhrwerken 
gestriemten Karrenweg, der stets holpriger wird. Endlich heißt es absteigen 
und zu Fuß weiter. 
Inzwischen ist es lichter geworden. Im Osten gärt zwischen wallenden 
Wolkenwänden ein leiser roter Streif und ein frischer Windzug schwemmt die 
Nebel über die Höhenrücken. Immer heller wird es; Tiere rascheln durchs 
Unterholz; der Wald erwacht. Noch immer dauert der feine Rieselregen, der 
sich durch die dicksten Gewänder bis in die Haut zieht. Dunkle Wälle, wie 
Behausungen von Urmenschen, lösen sich für die Nahenden langsam aus dem 
Nebel; eine Feldwache ruft an; die Schützengräben des Infanterieregimentes 
Nr. 61 zwischen Jakabvölgye und Köves, wo der Bach Cerles entspringt, sind 
erreicht. 
Rasch ist der Kommandant Oberst Teu§ zur Stelle. Der Erzherzog nimmt 
seine Meldung entgegen und schreitet dann den Graben ab. Begeistert grüßen 
ihn die Soldaten; laut darf sich ihre Freude nicht äußern, desto inniger sind 
die Blicke und Gebärden der braven Bakas. Und der Erzherzog hat für jeden 
ein gutes Wort, einen freundlichen Gruß. Alles ist wach und bereit. Die Ge' 
wehre liegen in den Schießscharten; Munition und jeder sonstige Bedarf ist 
reichlich vorhanden. Der Erzherzog darf ruhig sein. Der Feind kann kommen, 
so stark, wie er mag. Die Einundsechziger halten eiserne Wacht.
	        
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