Volltext: Mappe I: In den Karpathen (Mappe 1 ; / 1916)

Unterstände für die Bedienungsmannschaft, auch Munitionsnischen. Das erdige 
Schirmdach darüber mit zusammengeschleppten Felsstücken und Betonguß ver' 
steift. Mitten drinnen ein Granatvolltreffer einer unserer 15'/’«?,'Haubitzen. Er 
hat die mühsam aufgebaute Herrlichkeit wie einen irdenen Topf zerschmissen, 
Erde, Gestein, Verspreizungspflöcke, Felsbrocken hingeworfen, wie ein Fußtritt 
am Spielplatz Sandburgen der Kinder zerstört. Da blieb den überlebenden 
Russen wenig Wahl: „Feuer einstellen — Aufprotzen — Zurück!" 
Aber erst die Infanteriestellungen. Ein Schauern durchrieselt das Mark dem, 
der sie erschüttert durchwandert. Hier, hier allein kann ermessen werden, welch 
unerhörte Todesverachtung die Unseren gegen diese Todesburgen vorprellen, sie 
überrennen ließ, als wäre es Manöverspaß gewesen. Im Handgemenge scheinen 
die Raufer das Astzeug, welches vorne zur Maskierung des Erdwalles gedient, 
in den Graben an ihren Füßen mitgeschleift zu haben. Noch lebt der heiße 
Atem des Kampfes in der erst vor kurzem erstürmten Stellung. Rasende Ver>- 
wirrung zeigt ihr Bild (Blatt 36): Munitionsverschläge, Monturfetzen, im Stiche 
gelassene Gewehre der Russen liegen herum. Vielleicht waren es nicht einmal 
Feiglinge, die sie weggeworfen, waren Berserkernaturen, die lieber mit Fäusten 
würgten, Gurgeln durchbissen. Nun ist es gleichgültig, Habsburgs Soldaten haben 
auch solche Wildheit gebändigt, verjagt wie Raubgetier. Hinter den vorderen 
Schützenlinien fanden sich die Deckungen der Unterführer. Die jungen Herren 
des russischen Offizierskorps hatten, so gut es ging, ein Kasino in die Erde 
gewühlt, behingen sich auch ihre Höhlenlöcher mit Teppichen aus Sztropköer 
H äusern, zum Schutze wohl gegen allzuheftigen Bergsturm im Rücken (Bild 37). 
Ein Sorgenstuhl ward auch dort für Träumer hingestellt, denen um ihr junges 
Leben allzu bange wurde. Ein Tisch ist umgeworfen, er sah wohl manches 
öde Kartenspiel. Hat der Feuersturm die Partie zerstört? Auch darüber ist der 
Krieg mit ehernem Rasen hinweggegangen. Er stand auch nicht vor der Be' 
haglichkeit der noch weiter rückwärts liegenden Unterkünfte der Truppenstäbe 
still (Bild 38). Die Vorgesetzten hielten sichtlich auf größeren Komfort, gau' 
kelten sich mit Spiegeln, Bildern, Sesseln vor, daß sie im eroberten Lande 
bleibende Feldwohnung bezogen hätten. Träume — Schäume! Als die 
Leute des VII. Korps auch dort eingebrochen waren, was mag da der Spiegel 
zur Linken des Bildes für ein höhnendes, blutbespritztes Lachergesicht eines 
Bakas gezeigt haben, der verschnaufend die Prunkräume der hohen Herren be^ 
guckte, die vor seinem Gewehr ganz ebenso rannten wie ein kirgisischer Steppern 
bauer. Vereinsamt steht nun ihr Hausgerät aus dem Eigentum der Bürger 
von Sztropkö: Kanapees, Betten, Speisezimmermöbel; man fand sogar einen 
Musikraum unter der Erde mit Klavier und einen Waschtrog daneben; der 
war das Badezimmer gewesen. Was bedeutete das Saitenspiel gegenüber dem 
Sturmlied der Unseren? Und man hatte sich doch so sicher gefühlt. Vierfach 
stand vorne der Drahtverhau (Bild 39), dahinter tiefe Wolfsgruben, mehrere 
Reihen, schachbrettförmig gruppiert, Astwerk darüber. Wer auf ihr trügerisches 
Dach stieg, stürzte lebendig in sein Grab, das ihn festgespießt hielt. Denn am 
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